Jordanien 2002
Vom 24.4. - 11.5.2002 reiste ich
zusammen mit meinem Sohn Tilo (28 Jahre) und Wolfgang Grübner (65 Jahre,
bewährter Gefährte auf der Australienfahrt 2001) nach Jordanien. Unser
Hauptziel war das Klettergebiet im Wadi Rum, aber wir wollten uns auch
die Sehenswürdigkeiten auf dem Wege dorthin nicht entgehen lassen.
Wir flogen am 24.4. 18.30 Uhr mit
Lufthansa von Dresden
über Frankfurt nach Amman. Dort kamen wir nachts 2.30 Uhr an. Selbst zu
dieser
frühen Zeit hatten am Flughafen die Geldwechselstellen
und Autovermietungen geöffnet. Im Hinblick auf unser beträchtliches
Gepäck mieteten wir einen größeren Subaru und fuhren schon gegen 4 Uhr
auf angenehm ruhigen Straßen in Richtung Amman.
Dort steuerten wir einen uns empfohlenen Supermarkt der Kette Safeway im Westteil
der Sadt an (dicht südwestlich des Kreisverkehrs "7. Circle" der großen
Ost-West-Magistrale). Dieser hat Tag und Nacht geöffnet und führt ein
umfangreiches Sortiment, vergleichbar mit dem europäischer Kaufhallen. In
kurzer Zeit hatten wir uns mit den gewünschten Lebensmitteln eingedeckt.
Lediglich die Kartuschen
für die Gaskocher waren gerade ausgegangen und wir mussten deshalb einen
weiteren Supermarkt "C-Town" dicht nordöstlich des 7. Circle aufsuchen. Dann
aber ging es gut versorgt - noch immer früh am Tag - ab in den Süden.
Zunächst fuhren wir hinab zum Toten Meer und
badeten an dieser tiefsten Stelle der Erde im extrem salzigen Wasser. Dann
gings über Kerak zum kleinen Dorf Es Sela. Ein beängstigend steiles
Sträßchen führte uns hinab zu einem idyllischen Platz für die Zelte. Er
ist malerisch umgeben von
bizarren Felsen, an denen deutliche Siedlungsspuren der Nabatäer zu
finden sind.
Am nächsten Morgen schaffte unser Mietauto
spielend leicht den Anstieg zurück nach El Sela, wie es auch in der folgenden
Zeit uns stets zuverlässig diente. Besonders seine wirksame Klimaanlage lernten
wir schätzen.
Auf dem weiteren Weg nach Süden sahen wir, in welch fantastischer
Berglandschaft die Nabatäerstadt Petra
liegt und wir beschlossen, uns am Ende des Urlaubs diese Stadt gründlich
anzusehen. In Quwayra kauften wir noch einmal Obst und Gemüse,
was in dieser Jahreszeit überall
reichlich und preisgünstig zu haben ist. Dann gings hinein in das ersehnte
Wadi Rum (sprich Ram), und je weiter wir dort nach Süden vorstießen, desto
beeindruckender wuchsen links und rechts von uns die senkrechten
Felswände in die Höhe.
Schließlich erreichten wir das Ende der für uns
befahrbaren Straße am Resthouse von Wadi Rum Village.
Hier erheben sich rechts der Jebel Rum (1754 m) und links der Jebel Ishrin (1753 m)
als eindrucksvolle Dominanten mehr als 800 m über die Wüste.
Auf dem Parkplatz am
Resthouse bot uns Achmed Salam, ein schmuck
aussehender 18-jähriger Beduine, seine Hilfe an. Er zeigte uns ein schönes
Plätzchen für unsere Zelte, etwas abseits vom normalen Campingplatz und
durch einen Felssporn gut geschützt vom geräuschvollen Treiben am Resthouse.
Dieses Plätzchen wurde für die nächsten 2 Wochen unser
sympatisches "zu Hause",
und wir werden uns bestimmt noch lange an die direkt darüber
aufragende Ostwand des
Jebel Rum erinnern, an den prächtigen Sternenhimmel und
an die vom Echo vervielfältigten
Gesänge des Muezzins.
Der Ablauf der folgenden Tage:
27.4. Jebel Rum, "Hammad's Route", 5+ (den abschließenden, leichten Anstieg
bis zum höchsten Gipfel ließen wir weg). Orientierung nicht einfach.
Beeindruckender Tiefblick ins Wadi Rum, wildromantisch die Schlucht
"Great Siq". Sagenhaft, dass die Beduinen diesen Weg mit recht schwierigen
Kletterstellen (seilfrei !) schon vor 1980 geklettert sind.
Nach dem Abstieg noch zu Lawrence's Spring, einer grünen Oase in der Felswüste .
28.4. Jebel Fara Ranayim, "East Ridge" (4+). Ein leichter, gut gesicherter Weg
in eindrucksvoller Felsszenerie.
Sahen gegenüber am Thalamiyyah Plateau eine riesige graue Wand und einigten
uns spontan auf den Versuch einer Erstbegehung, bis uns der Kletterführer
belehrte, dass bereits der Weg "Captain Morgan" (5+, 300m) hinaufführt. Schade.
Abends folgten wir einer Einladung des Beduinen Abdullah Al-Blwi
in dessen Haus. Abdullah
ist recht wohlhabend und wohl der wichtigste Anbieter von Kamelritten und
Fahrten mit Geländewagen in die Wüste. Wir erfuhren von ihm viel Interessantes über
die Lebensweise der Beduinen des Stamms Howeitat im Wadi Rum und über deren
Haltung zur geplanten Umgestaltung des Wadis in einen Nationalpark.
29.4. Jebel Rakabat, "From the East" (2-3).
Vom Gipfel guter Einblick in die Superwege "The Beauty" und "Alan and his Perverse
Frog" am Jebel um Ejil. Abenteuerliche Wanderung rings um den Jebel Rakabat in
wilden Schlüchten.
30.4. Fahrt nach Akaba. Auf Polizei Verlängerung unserer Visa auf mehr als
14 Tage. Baden im Meer - starker Wind. Tilo verletzte sich an den Korallen
sehr am Fuß, Wunde musste im Hospital genäht werden.
1.5. Tilo Genesungstag. Mit Wolfgang
Jebel Ahmar, "From the Saddle" (3) und
Jebel Abu Aina "North Face" (4). Bei beiden Wegen folgten wir unserem Gefühl,
sie stehen nicht im 97-er Kletterführer.
Der zweite Weg hatte einen sehr schönen,
luftigen Ausstieg.
Danach stiegen wir ab in die kleine Beduinensiedlung Abu Aina. Eine alte Frau
und drei bildhübsche Mädchen luden uns zum Tee ein. Wurden übermütig und
ritten auf 2 Kamelen zurück zum staunenden Tilo an den Zelten.
2.5. Mit Auto zum Dorf Diseh. Auch hier eindrucksvolle, zum Klettern
durchaus geeignete Felsberge. Nachmittags mit Wolfgang:
Jebel Mayeen, "North Ridge" (3). Gipfel mit schöner Aussicht, guter Einblick
in die Superwege des Dark Tower.
3.5. Mit Wolfgang (Tilo genest noch) Wanderung 8 km durch die Wüste zum
Khazali Canyon. Im etwa 200 m begehbaren
Canyon Feigenbäume und eindrucksvolle Felszeichnungen der Nabatäer.
4.5. 6 Uhr fuhr uns Achmed in seinem Geländewagen 15 km zum Berg Burdah. Stiegen
(Tilo fußschonend in Sandalen) hinauf zur bekannten Felsenbrücke und weiter
bis zum Gipfel. Abends holte uns Achmed wieder ab.
5.5. Versuch am Dark Tower "Mira Khoury" (5+). Tilo wieder kletterfähig.
Einstieg erst 12.30 Uhr, um die Sonne zu meiden. Schwerer als erwartet,
Sicherung dürftig. Aufgabe in etwa halber Wandhöhe.
6.5. 4.30 Uhr fuhr uns Abdullah 40 km zum Um Adaami,
dem höchsten Berg Jordaniens (1830 m).
Vom Gipfel weite Sicht, sahen das Meer am Golf von Akaba,
einsame Bergsiedlungen und eine kühne Gebirgsstraße in Saudi-Arabien, ...
Die Fahrt durch die Wüste war schwierig und Abdullah mußte all seine
Fahrkünste aufbieten. Oft ging es zwischen Felsbergen hindurch, durch deren
Wände reizvolle Kletterwege führen - Neuland für Abenteuer ohne Ende.
Am späten Nachmittag gingen wir noch zum Abu Maileh Tower, um einen neuen Weg
in der Südwestseite zu versuchen. Von einer Schulter etwa 25 m unter dem Gipfel
kamen wir nicht weiter, da ein ansteigender Quergang zu einer abschließenden
leichten Rissverschneidung ungesundes Gestein aufwies (vielleicht Folge eine
Felssturzes beim Erdbeben in jüngster Vegangenheit).
7.5. Abschied vom Wadi Rum. Tilo holte allein die verpasste Wanderung
zum Khazali Canyon nach. Nachmittags Abfahrt nach Petra. Bezogen Zeltplatz
am Crownhotel (nahe Visitor Centre).
Abends fuhren wir Straße nach Westen
vorbei an Little Petra zum Wadi Araba. Fantastische Felsenlandschaft - uns
ist rätselhaft, warum an diesen
leicht zugänglichen Türmen und Wänden bisher nicht geklettert wird.
Übrigens enthält bereits *) im Abschnitt "Chronology of Mountain
Exploration in Jordan" einen Hinweis auf das Kletterpotential in dieser
Region.
8.5. 6 Uhr betraten wir den Siq von Petra, eine lange Schlucht, erinnernd
an Adersbach. Hinter der Schlucht erstrecken sich in einem weiten Kessel
die Bauwerke von Petra. Kaum vorstellbar, mit welcher Mühe zu den in den Fels
getriebenen Räumen die riesigen Fassaden geschaffen wurden. Der Sandstein
ist an vielen Stellen so intensiv gefärbt, wie wir das noch nie gesehen haben.
Auf dem "Hohen Opferplatz" hat man einen guten Überblick über das Gelände.
Einfach unvergesslich!
Abends fuhren wir noch weiter zur Kreuzritterburg Shaubak. Nach der interessanten
Führung der in Restaurierung befindlichen Burg bot uns Suleiman al Rawashdeh
an, auf seinem nahe gelegenen Campingplatz zu übernachten. Der Platz liegt
landschaftlich
reizvoll an einem Berghang.
Nachdem uns Suleiman
den genauen Text der Muezzins vorgesungen hatte, schliefen wir bequem in
einem der fest installierten
Zelte.
9.5. Fuhren auf der Königsstraße weiter über Dana (kurzer Abstecher zum
Beobachtungsturm am Tierreservat), Kerak, Wadi Mujib (im tiefen Canyon
entsteht derzeit eine Staumauer) nach Jerash. Im Campingplatz am
Hotel "Olive Branch" bauten wir unsere Zelte auf. Das üppige Grün, die
Blütenpracht ringsum taten uns nach den Tagen in der Wüste gut. Abends
besichtigten wir die eindrucksvollen Hinterlassenschaften der alten
Griechen und Römer. Die teils gut erhaltenen Bauwerke stehen in einem
weiten, hügeligen Areal. Die Besucher verlieren sich in dieser Weite und
man kann völlig ungestört das große Theater, das von ...zig Säulen eingefasste
Ovale Forum, die mächtigen Säulen des Artemis-Tempels bewundern.
10.5. Fahrt durch den Norden. Zunächst besichtigten wir die
arabische Festung Ajlun, in deren Schatten Saladin die
Kreuzritter 1187 vernichtend schlug. Danach fuhren wir Richtung See Genezareth.
Überall Militärposten, man spürte die Nähe des unseligen
Konflikts.
Von Umm Qeis aus sahen wir über das Yarmuk-Tal hinweg den glänzenden Spiegel
des Sees. Dann ging es über Irbid in die 2-Millionen-Stadt Amman. Zum Glück
war Freitag und der feiertägliche Verkehr ruhig. Wir parkten direkt unter
dem römischen Theater, flanierten durch die geschäftigen Straßen, saßen
im Kaffeehaus unmittelbar gegenüber der Hussein-Moschee. Ein beschaulicher
Abschluss des Urlaubs.
Abends fuhren wir zum Flughafen, gaben unseren treuen Mietwagen zurück und
warteten geduldig (Tilo hatte es leicht, denn ihm verging die Zeit wie
im Flug bei einer - allerdings deutlich verlorenen - Schachpartie gegen den
in Schweden lebenden irakischen Schachgroßmeister Shawi) auf den Abflug
unserer Machine 3.25 Uhr.
Einiges zu den Kosten der Reise:
...Flug etwa 500 Euro.
...Mietwagen von der einheimischen Firma "Dallah" für
20 Jordanische Dinar (JD) je Tag - 1 JD entspricht etwa 1,50 Euro.
(Vorsicht: der junge Vermieter versuchte zu tricksen. Um einen niedrigen Preis
vorzutäuschen, verschwieg er zunächst, dass zum Preis der Firma noch 13%
Steuer des Staates hinzukommen.)
...Benzin ist billig, weniger als 1/2 Euro je Liter.
...Lebensmittel preislich etwa wie in Deutschland. Auch in Wadi Rum Village
kann man alle wichtigen Lebensmittel und Getränke in mehreren Geschäften
kaufen. Eine Dose kühles Amstel-Bier kostet im Resthouse 1,20 JD.
...Im Wadi Rum bezahlte jeder einmalig 1 JD Eintritt. Als Parkgebühr fürs Auto
waren 5 JD zu berappen. Das Zelten etwas abseits war umsonst, den
Waschraum mit Duschen benutzten wir (sicher nicht ganz legal) ebenfalls
umsonst.
...Die offiziellen Preise für Kamelritte und Jeepfahrten sind relativ hoch.
Infolge der durch den Israel-Palestina-Konflikt ausgebliebenen Touristen
war es aber für uns leicht, einen reduzierten Preis auszuhandeln. Zum Beispiel
kostete die lange Fahrt zum Um Adaami nur 30 statt 45 JD.
...Der in den Reiseführern benannte hohe Eintittspreis für Petra (20 JD) wurde
ebenfalls reduziert auf 11 JD. Mit Studentenausweis bekommt man eine weitere
Ermäßigung.
Im Wadi Rum fehlten nicht nur die Touristen, auch die Kletterer waren ausgeblieben.
Wir sahen außer uns eigentlich nur noch ein englisches Pärchen klettern.
Kein Wunder also, dass sich alle Dienstleister an unsere Fersen hefteten und
wir oft unsere liebe Not hatten, keinen von ihnen zu kränken. Allerdings trugen
sie ihr Angebot stets bescheiden vor und akzeptierten ohne Widerspruch
unsere Ablehnung. Etwas leid tat uns der Bergführer Talal Awtat, der uns gar zu gern
auf seiner eigenen Beduinen-Route auf den Jebel Rum geführt hätte. Talal ist
übrigens zuständig für den urigen Campingplatz nahe der Siedlung Abu Aina, sicher
auch für Kletterer eine geignete und sehr "wüstennahe" Unterkunft, bei der man
kein eigenes Zelt mitbringen muss.
Für das Klettern im Wadi Rum benötigt man:
...Kletterführer von Tony Howard *).
ISBN 1 85284 135 4 (3. Auflage 1997) - auch ausleihbar in SBB-Bibliothek.
...je Seilschaft 2 Halbseile 50m (da mitunter lange Abseilen),
1 Satz Friends, 1 Satz
Klemmkeile, großes Sortiment Seilschlingen
(auch zum Opfern beim Abseilen).
...Sinn fürs abenteuerliche Klettern, Routenfinden trotz mangelhafter
Beschreibungen, usw. Bohrmaschinen und Magnesia sind unerwünscht, denn
die Felsen sollen möglichst ihre Ursprünglichkeit behalten.
In Jordanien gibt es kaum Kletterausrüstung zu kaufen. Die einheimischen
Kletterer sind deshalb am Kauf von Seilen und anderen Sicherungsmitteln
interessiert. Talal beispielsweise freute sich sehr, als ich ihm zum Abschied
meine Abseilacht schenkte.
Die Beduinen sind sehr ehrliche Leute. Wir hatten keinerlei Bedenken, unsere Zelte
den ganzen Tag über unbewacht zurückzulassen. Eines Tages aber merkten
wir, dass unsere Zelte betreten worden waren. Auf der Luftmatratze war der
Abdruck eines Kinderfußes und es fehlte eine Schlinge mit vier Karabinern.
Wir sagten es Achmed. Große Bestürzung. Er ging ins Dorf und nach einer
halben Stunde brachte er die Schlinge mit den Karabinern zurück. Er sagte,
so etwas wäre das erste Mal passiert und es käme sicher nie wieder vor.
Bestimmt hat er recht.
Es ist vorauszusehen, dass mit der Einrichtung des Nationalparks Wadi Rum Regeln in
Kraft treten werden, die auch die Kletterer in ihren freien Bewegung in der Wüste
und in den
Bergen einschränken werden. Wir sahen, wie etw 4 km vor dem Resthouse ein
Visitor Centre mit riesigem Parkplatz entsteht. Offenbar plant man, eine große Anzahl
von Touristen heranzuführen und streng geregelt durch das Wüstengebiet zu schleusen.
Wir sind deshalb froh, dass wir noch ein recht ursprüngliches Wadi Rum erleben durften und
raten allen unseren Freunden, möglichst rasch dorthin aufzubrechen.
*) Tony Howard "Treks and Climbs in Wadi Rum, Jordan", 3. Auflage 1997,
ISBN 1 85284 135 4. Ausleihbar in der SBB-Bibliothek, in Jordanien erhältlich
für 12 JD.
( Um möglichst vielen Dresdner Kletterern Anregung für eine
Reise ins Wadi Rum zu geben, schrieb ich einen kurzen Bericht für das
SBB-Mitteilungsblatt (Heft 4 / 2003) unter dem Titel
"Ab in die Wüste". )
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