Ab in die Wüste !
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Es gibt es noch, das Traumland für die Abenteurer unter den Kletterern.
Ein Land mit hohen Bergen und Felstürmen, auf die sagenhaft schöne Risse
führen, Verschneidungen und Reibungswände, oft mehrere 100 m lang und noch
von keinem Menschen durchstiegen. Die Berge entragen einer fantastisch
schönen Wüstenlandschaft, einsam und wie geschaffen für ein großes Abenteuer.
Wir sahen diese Berge auf einer Jeepfahrt 50 km in die Wüste hinein. Welch ein
Erlebnis muss es sein, hier irgendwo mit guten Freunden das Zelt aufzubauen und
Tag für Tag ein neues Stück der jungfräulichen Bergwelt zu erobern.
Das Traumland heißt Wadi Rum und liegt im Süden Jordaniens. Erst seit
knapp 20 Jahren ist es den Kletterern bekannt, und seither wurden etwa 350 bis
400 Wege begangen. Sie sind beschrieben im Kletterführer von Tony Howard *),
die neuen Wege seit 1997 stehen nur handschriftlich im sog. Grünen Buch im
Resthouse von Wadi Rum Village. Die meisten der Wege wurden an den 800 m
hohen Bergmassiven Jebel Rum und Jebel Ishrin in Sichtweite vom Resthouse
erschlossen. Nur wenige Kletterer drangen bisher in entferntere Teile der Wüste
vor, Neuland für Erschließer ist also noch reichlich vorhanden.
Der Sandstein des Wadi Rum (sprich Ram) entstand nicht auf dem
Grunde eines Meeres, sondern er ist verfestigter Wüstensand, vergleichbar etwa
mit dem Sandstein des Pfälzerwaldes. Vor allem durch Winderosion wurden die
wunderbaren Felsformen herausmodelliert, die heute die Bergsteiger anziehen.
Jeder findet hier sein Betätigungsfeld. Beliebt ist das Durchqueren der
kilometerlangen engen Schlüchte, denn sie bieten auch an heißen Tagen
angenehmen Schatten. Und hinter jeder Biegung warten hier neue
Überraschungen wie Feigenbäume mit süßen Früchten oder 2000 Jahre alte
Felszeichnungen der Nabatäer oder.... Es gibt lohnende Berge, die man auf
leichten Wegen besteigen kann, teils sogar ohne Seil. Aber es gibt auch mächtige
Berge, die man nur auf schweren Wegen (UIAA V und mehr) erreicht. Die
Anstiege im Wadi Rum sind oft lang, gelegentlich mehr als 15 Seillängen. Man
muss also zügig klettern, um bei Tage wieder unten zu sein, zumal auch das
Finden des richtigen Abstiegs Probleme bereiten kann. An die mitunter ziemlich
spärliche Sicherung mussten selbst wir diesbezüglich abgehärteten Sachsen uns
erst einmal gewöhnen. Das Aufspüren der natürlichen Sicherungsmöglichkeiten
erfordert viel Erfahrung. Aber gerade diese etwas abenteuerliche Art des
Kletterns stellt ja für viele die allerschönste Verlockung dar.
In letzter Zeit machten Gerüchte die Runde, dass im Wadi Rum ein
Nationalpark eingerichtet wird und dass in diesem Zusammenhang die
Möglichkeiten des Kletterns eingeschränkt werden sollen. Wir waren zu dritt im
April / Mai dieses Jahres dort, und ich möchte die von uns vorgefundene
Situation kurz schildern. Bis jetzt gibt es noch keinerlei Einschränkungen.
Einziges äußerliches Kennzeichen für künftige Veränderungen ist das in Bau
befindliche Visitor Centre mit einem riesengroßen Parkplatz an der Stichstraße
ins Wadi Rum, etwa 4 km vor dem Resthouse. Künftig wird vermutlich - analog
zur Bastei bei uns - der öffentliche Verkehr bereits an dieser Stelle abgefangen
werden. In Gesprächen mit den einheimischen Howeitat-Beduinen erfuhren wir,
dass diese dem Nationalpark kritisch gegenüberstehen und dass sie gern an den
jetzigen Verhältnissen festhalten möchten. Vor allem die einheimischen Climbing
Guides möchten, dass ihnen die Kletterer als Einnahmequelle erhalten bleiben.
Trotzdem wird wohl die jordanische Naturschutzbehörde RSCN in den nächsten
2 bis 3 Jahren den Nationalpark einrichten. Es gibt schon sehr genaue
Vorstellungen darüber (festgehalten u.a. in einer speziellen Landkarte), welche
Restriktionen künftig einzuhalten sind, d.h. wo man künftig noch klettern darf,
wo man künftig in der Wüste noch übernachten darf, usw. Keine Frage also: wer
das Abenteuer Wadi Rum noch ungetrübt erleben möchte, sollte sich beeilen !
Günstige Bedingungen bestehen von Oktober bis April, ab etwa Mitte Mai wird
es für uns Nordländer ziemlich heiss.
Einige Randdaten zu unserer Reise:
*** Flug von Dresden über Frankfurt nach Amman für ca. 500 Euro.
*** Mietwagen vergleichbar Opel Astra (wichtig: mit Klimaanlage) von der
lokalen Firma Dallah am Flughafen für 20 Jordanische Dinar je Tag (1 JD
entspricht etwa 1,60 Euro).
Wenn man ausschließlich zum Klettern nach Jordanien kommt, braucht
man eigentlich keinen Mietwagen, denn die 400 km von Amman ins Wadi
Rum fährt man auch gut und billig mit dem öffentlichen Bus. Außerdem
lassen sich Fahrten auf den Sandpisten in der Wüste mit einem normalen
Auto sowieso nicht durchführen. Doch wir haben bewusst den Mietwagen
vorgezogen, um nebenbei noch möglichst viel vom Lande mitzukriegen. So
wurde die Besichtigung der weltberühmten historischen Stätten in Jerash
und Petra zu einem Höhepunkt unserer Reise. Auch empfanden wir es als
angenehm, der Wüstensonne gelegentlich für einen Badeausflug ans Tote
Meer oder zu den Korallenbänken im Golf von Akaba entfliehen zu
können.
*** Benzin ist billig, weniger als 1/2 Euro je Liter.
*** Lebensmittel sind im Preis vergleichbar mit Deutschland. Das frische
Fladenbrot schmeckt köstlich und überall findet man ein reiches Obst- und
Gemüseangebot.
Im Wadi Rum lebten wir sehr billig. 1 JD Eintritt je Person und 5 JD
Parkgebühr am Resthouse für die ganze Zeit. Wir übernachteten kostenlos
im eigenen Zelt auf einem ruhigen Plätzchen etwas abseits des offiziellen
Zeltplatzes und nutzten ebenfalls kostenlos (vielleicht nicht ganz
legal) die Waschräume und Duschen am Resthouse.
Eine “wüstennähere” Variante des Übernachtens bietet das Camp an der
kleinen Beduinensiedlung Abu Aina, das landschaftlich äußerst reizvoll
direkt unter den Kletterwänden des Abu Aina Towers liegt. Als Zugabe
erhält man hier einen authentischen Einblick in die Lebensweise der
gastfreundlichen Beduinen.
*** Fürs Klettern ist folgende Ausrüstung je Seilschaft zu empfehlen:
- 2 Halbseile 50 m (schon wegen der langen Abseilen)
- 1 Satz Friends, 1 Satz Klemmkeile, umfangreiches Sortiment an
Seilschlingen (auch Opferschlingen fürs Abseilen).
- Viel Sinn für abenteuerliches Klettern, Freude am Routefinden usw.
Nicht erwünscht sind Bohrmaschinen und Magnesia - der Fels soll
möglichst ursprünglich erhalten bleiben.
Übrigens waren in unserer Zeit wegen der Spannungen in Israel und der deshalb
ausgebliebenen Touristen die Preise für Mietwagen, Kamelsafaris, Jeepfahrten in
die Wüste usw. um 30 bis 50 Prozent niedriger als sonst - auch das sollte man
durch ein baldiges “ab in die Wüste” nutzen.
*) Tony Howard “Treks and Climbs in Wadi Rum, Jordan” 3.Aufl. 1997
ISBN 1 85284 135 4 (in Englisch).
Der Kletterführer ist in der SBB-Bibliothek ausleihbar, in Jordanien kann man ihn
für 12 JD kaufen.
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