Spanien (Nordhälfte) 1995
Vom 17.9. bis 14.10.1995 reiste ich
zusammen mit meiner Frau durch Spanien. Wir
fuhren mit unserem Nissan (der Sunny Traveller ist ein kleiner
Kombi, gerade groß genug, dass wir bei umgeklappten Rücksitzen
bequem darin schlafen können) zunächst in die Pyrenäen und
machten dann eine Runde entgegen dem Uhrzeigersinn, wobei wir
als südlichsten Punkt Toledo erreichten. In Spaniens Gebirgen
ist es gut möglich, sich für das Schlafen im Auto einfach
irgendeine
landschaftlich schöne Stelle auszuwählen. Dadurch spart
man Kosten für die Übernachtung. Insgesamt gaben wir
beide zusammen in den vier Wochen 1.500DM aus,
einen wesentlichen
Teil davon für Benzin.
Im Folgenden möchte ich auf einige
Reiseetappen näher eingehen, die mit Wandern und Klettern im
Gebirge zu tun hatten.
Pyrenäen
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Wir suchten uns drei attraktive Stellen in den westlichen Pyrenäen
aus:
Ordesa-Canyon
Übernachtung: An einer kleinen
Bergstraße südwestlich über Torla - ein Fleckchen mit berückend
schöner Aussicht.
Wir hatten den Ordesa-Canyon ein
Jahr zuvor vom Flugzeug aus gesehen. Der schnurgerade, tiefe
Einschnitt in der Erde sah so eigentümlich aus, dass
wir ganz
begierig waren, ihn aus der Nähe kennenzulernen. Doch das
Eigentümliche ist offenbar nur aus großer Höhe zu erkennen.
Von unten sehen wir eine recht normale Gebirgslandschaft, allerdings
eine von der dramatischen Art und der ideale Rahmen für eine
spannende Wanderung.
Etwas oberhalb des Parkplatzes
am Beginn des Canyons (er darf neuerdings nicht mehr
von privaten Fahrzeugen
benutzt werden) geht es einen markierten Weg nach Norden zum
Felskessel Circo de Cotatuero hinauf. Links des Wasserfalls führt
ein kurzer Klettersteig auf sanfte Wiesenhänge.
Zum sogenannten Blumenband (Faja de las Flores)
müsste man jetzt schräg links hinauf bis unter den nächsten
Felsaufschwung, um dann nach links zu queren. Wir
queren irrtümlich weiter unten, direkt oberhalb der Abbrüche
der mehr als 300m hohen Gallinero-Wände. Wir bereuen es nicht,
denn auch unser
Pfad geht durch Wiesen mit vielerlei Blumen. Wir genießen
den Blick hinüber zum anderen Rand des Canyons und sehen auch
hinab in den Abgrund. An den enorm ausgesetzten
Wänden unter uns bemerken wir einige
Kletterer. Uns wird schon vom Hinsehen
fast schwindlig.
Nach etwa 4km biegt der Pfad in den
Kessel Circo de Carriata ein. Jenseits des Kessels erhebt
sich die Felsspitze
Tozal del Mallo mit einer 400m hohen Talwand. Diese Wand ist
das Wahrzeichen des Ordesa-Canyons. Durch sie führen bedeutende
Kletterwege ab Schwierigkeit VI. Wir besteigen den Tozal
von der Bergseite. Es führt ein Pfad hinauf und wir können
das sicherheitshalber mitgebrachte Seil getrost
im Rucksack lassen. Zum Abschluss der abwechslungsreichen
Wanderung führt uns
ein markierter Weg aus dem Carriata-Kessel
geradewegs zum Parkplatz hinunter.
Pic du Midi d´Ossau
Übernachtung: Parkplatz nahe der
Hütte Pyrenea Sports.
Wir machten einen kurzen Abstecher nach Frankreich, um den
sagenhaft schönen Pic du Midi d´Ossau (2884m) zu besteigen.
Dieser völlig isoliert stehende Kletterberg
(leichtester Aufstieg IV) befindet sich
etwa 50km südwestlich von Lourdes, nahe an der spanischen
Grenze. Leider spielte das Wetter nicht mit. Je höher wir
am Berg kamen, desto dichter wurden die Regenwolken um uns
herum. Wir stiegen zurück und machten anstelle des Aufstiegs
eine Wanderung rund um den Bergstock. Es lohnte sich. Die
ständig wechselnde Beleuchtung schuf Bilder von
ausgesuchter Schönheit. In der Abendsonne trat der
Berg sogar noch einmal in seiner ganzen
Pracht aus den Wolken heraus, als möchte er uns
zeigen, was wir alles verpasst hatten.
Riglos
Übernachtung: Parkplatz südlich
des Dorfes Riglos. Das Dorf liegt in den Vorbergen der
Pyrenäen, etwa 35km nordwestlich von Huesca. Über dem
Dorf erheben sich die Mallos, bis zu 300m hohe Felssäulen aus
rotem Konglomeratgestein. Wir sehen an der größten Säule
weit oben einige Kletterer und bemerken im Fernglas, wie
sie von mächtigen Gänsegeiern umkreist werden. Da sind sicher starke
Nerven gefragt. Wir begnügen uns mit etwas Leichtem. Die Felswand
östlich der größten Säule ist auf einem Wanderpfad mit
abschließender kurzer
Kletterei erreichbar.
Auch uns umkreisen auf dem
Gipfel die Geier bedrohlich nahe. Sie haben ihre Nisthöhlen
in der großen Wand unter uns und sie
wollen uns offenbar zeigen, dass wir stören.
Es gibt in dieser Gegend ungewöhnlich viele
Geier. Am nächsten Morgen zählen wir fast 200 über unserem Auto. Sie
ziehen weit oben im ersten Sonnenlicht ihre Kreise, vermutlich um
sich zu erwärmen. Später fliegen sie in unterschiedliche Richtungen
weg
zu ihnen Futtergründen.
Die großen Mallos mit
ihren senkrechten, teils überhängenden Wänden
lassen sich nur auf sehr schweren Wegen besteigen. Aber etwas
weiter östlich findet auch Otto Normalverbraucher an einigen
30-80m hohen Türmen sein Brot.
Sierra de Loquiz
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Übernachtung: an einem
Feldweg oberhalb des Dorfes Ganuza. Die Sierra de Loquiz
befindet sich etwa 40km westlich von Pamplona. Die Hochfläche
der Sierra fällt nach Süden zu mit kilometerlangen
und bis zu 100m hohen Felswänden ab.
Die Wände sind bisher für den
Klettersport nicht erschlossen. Zwar ist in den gelben
Wandabschnitten das
Gestein ziemlich brüchig und damit fürs Klettern wenig geeignet,
es gibt
aber auch graue Abschnitte mit festem Gestein. Wir überzeugten
uns davon, das dort ordentlich geklettert werden kann. Außerdem
gibt es in der Umgebung attraktive freistehende Türme, so dass
sich eine eingehendere Erkundung der Sierra de Loquiz durchaus
lohnen könnte.
Picos de Europa
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Die Picos de Europa befinden sich
etwa in der Mitte der spanischen Atlantikküste. Das Gebirge
erinnert mit seinen schroffen Kalkspitzen an die Dolomiten, aber
es ist bisher
nur in wenigen Teilen für den Tourismus erschlossen. Es ist
also ein Gebirge für Abenteurer, urspünglich und wild. Wir
wanderten in der pastoralen Umgebung des Lago Enol und in
der wilden Caresschlucht und wir bestiegen den wohl schönsten
Berg des Gebirges, den Naranjo de Bulnes. Ein spezieller Bericht
zu dieser Besteigung kann über
Naranjo de Bulnes
aufgerufen werden.
Pedriza
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Übernachtung: Parkplatz Canto
Cochino 5km nordwestlich von Manzanares.
Die Granitfelsen von Pedriza befinden sich etwa 40km nördlich
von Madrid. Es werden zwei Klettergebiete unterschieden, das
untere Gebiet mit der dominierenden Felskuppel El Yelmo ("Helm")
und vielen weiteren Blöcken, Türmen und Massiven
ringsum und das obere Gebiet.
Wir waren nur im unteren Gebiet. Als erstes bestiegen wir
den Helm. Er steht ganz oben auf einem Berg.
Es war schon Abend und die Luft ganz klar,
so dass wir die Hochhäuser von Madrid deutlich
sehen konnten. Die besten Wege auf den Helm befinden sich in
der Südseite, vor allem Risse und schwierige Reibungen. Wir
begnügten uns mit einem Weg in der Bergseite (III).
Über unserem Schlafplatz stach uns eine liegende Felskante ins
Auge. Sie erinnerte uns sehr an das "Bügeleisen" im Bergell und wir
verliehen ihr auch diesen Arbeitstitel, da
sie in unserem dünnen
Kletterführer nicht vorkam. Als wir beim Frühstück saßen, sahen
wir zwei Kletterer an der Kante (das waren übrigens die einzigen
Kletterer, auf die wir während unserer zwei Pedriza-Tage trafen, was
uns in Anbetracht der Nähe zu Madrid sehr verwunderte). Die zwei
winzigen kletternden Punkte an der Kante boten
ein beeindruckendes Bild und
wir beschlossen, einen Versuch zu wagen.
Zunächst ging es darum, irgendwie
die Kante zu erreichen. Unsere Vorgänger hatten das über
eine steile Wandstufe geschafft. Wir versuchten das auch. Die
ersten Meter waren mit Haken gut gesichert, aber weiter oben,
wo sich die Wand bereits zurücklegte, hörten die Haken
für meine Begriffe etwas zu zeitig auf. Ich probierte ziemlich lange.
Dann kamen die Vorgänger unten vorbei und sagten,
dies wäre die Schlüsselstelle
und mindestens VI. Etwas leichter sei die Kante rechts über
den Riss zu erreichen. Ich nahm den Vorschlag gern an. Die
schöne, lange Kante reduzierte sich dadurch zwar um
zwei Seillängen, aber auch der Rest machte uns große Freude.
Unsere Vorgänger hatten uns vor
der 50m-Abseile in der Bergseite gewarnt. Die Seile würden sich
beim Abziehen gern verklemmen. Wir seilten deshalb über die
Aufstiegskante ab und sahen dabei, welch schöne Seillängen
wir durch unsere Rissvariante verpasst hatten.
Galayos
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Übernachtung: Parkplatz Nogal
del Barranco 2km oberhalb des Dorfes Guisando.
Das Klettergebiet Galayos liegt auf der Südseite des
Gredos-Gebirges etwa 130km westlich von Madrid. Es handelt
sich um eine ansteigende Kette spitzer Granittürme
oberhalb des Wanderwegs
zum Berg La Mira (2343m).
Die Klettereien sind bis zu 250m lang und manche Felsen
erinnern mit ihrer kühnen Gestalt
an die Nadeln von Chamonix.
Wir bestiegen den Grande Galayos
über den Normalweg (III), einen luftigen Grat aus eisenfestem
Granit.
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