Neuseeland 2002
Vom 15.10. - 17.12.2002 reiste ich
zusammen mit meiner Frau nach Neuseeland. Wir flogen mit Lufthansa /
Singapore Airlines von Dresden über Frankfurt nach Singapur und legten
dort vier Tage lang einen Stopover ein - eine sehr preiswerte (nur 202 Euro
für uns beide, im Preis enthalten kostenloser Stadtverkehr, Bootsfahrt,
Nachtsafari im Zoo,...)
und interessante Bereicherung des Urlaubs. In Auckland nahmen
wir einen Mietwagen und erkundeten bis zum 6.11. die Nordinsel. Danach
setzten wir einschließlich Auto zur Südinsel über und flogen
am 16.12. von Chtistchurch wieder nach Hause.
Zunächst ein paar
Angaben zur finanziellen Seite:
Der Flug kostete 1.430 Euro, der bereits
im März in Dresden bei Maui gebuchte Mietwagen Toyota Corolla
kostete je Tag 20 Euro, über die 57 Tage also 1.140 Euro. Wir
fuhren etwa 11.500km und bezahlten für Benzin (ein Liter kostete
ca. 0,52 Euro) insgesamt etwa 500 Euro. Wir hatten ein Bergzelt
mitgenommen und schliefen fast immer auf Campingplätzen, die
recht gut ausgestattet und meistens kaum belegt
waren.
Die Nacht kostete im Schnitt 7 Euro für 2 Leute, Auto und Zelt.
Die Preise in
Supermärkten und Restaurants sind in etwa vergleichbar
mit den unsrigen. Insgesamt war es unsere bisher teuerste Reise, sie kostete
für uns zusammen 6.500 Euro.
Land und Leute haben uns außerordentlich gut gefallen, es war wohl unser
bisher schönster Urlaub. Besonders beeindruckend fanden
wir die enorme Vielfalt traumhafter Landschaften. Unvergesslich zum Beispiel
die Wanderung durch die Vulkane des Tongariro-Gebiets, unvergesslich
auch die
Kajaktour vor der Küste des Abel Tasman Parks.
Natürlich hatten wir
auch wieder unsere Kletterausrüstung dabei, und wie immer erlebten wir beim
beschaulichen Klettern die Schönheit der uns umgebenden fremdartigen
Landschaften besonders tief. Es gibt zwar in Neuseeland keine so
bedeutenden Klettergebiete wie etwa in Australien, aber an vielen Stellen
hätten wir es schwer bereut, kein Seil dabeizuhaben. Andere
Kletterer trifft man selten, denn dieser Sport ist hier noch
wenig verbreitet. Und wer will, kann hier jede Menge Neuland erschließen.
Für die Südinsel erhielten wir die nötigen
Informationen aus dem Kletterführer "South Island Rock" von Ivan Vostinar
und Tim Wethey (ISBN 0-473-07081-2), für die Nordinsel aus dem Internet
unter
www.climb.co.nz
und
www.rockclimb.co.nz
Im folgenden möchte ich auf einige der von uns besuchten Klettergebiete etwas
näher eingehen.
Nordinsel
Mangaraho
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Etwa 15km südöstlich von Dargaville überragen zwei markante
Vulkanstümpfe das Land, enorm spitz der Tokatoka, etwas massiger der
Mangaraho. An beiden
gibt es Kletterwege. Die 20 Wege am Mangaraho sind teilweise über 100m lang und
sehr anspruchsvoll. Wir sahen nur wenige Haken, offenbar muß man
selbst für die nötige Sicherung sorgen. Wir begnügten uns
mit einem leichteren Weg
über die Ostkante (IV). Auch die Westkante sah verlockend aus, ist aber um
einiges schwerer. Die bedeutenderen Wege liegen in der Nordwand, aber sie
sind den Könnern vorbehalten.
Man kann auf einem Feldweg direkt bis unter die Nordwand fahren und
wenn man will, in dieser absolut ruhigen, aussichtsreichen
Umgebung sein Zelt aufschlagen.
Zum Vergößern :
Taratara
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Auch Taratara ist ein Vulkanstumpf. Er liegt bei Kahoe, ungefähr 40km nordwestlich
der Bay of Islands. Er erinnert uns sehr an den Porschen in Böhmen, denn
er hat ebenfalls
eine hohe senkrecht abfallende Seite, während die Rückseite flacher
ansteigt und
dicht bewachsen ist. Durch die steile Wand führen
wahrscheinlich schöne Kletterwege, aber
im Internet werden diese nicht beschrieben - im Gegenteil, man bittet um
Informationen etwaiger Erschließer.
Am Südostfuß des Berges befindet sich eine Maorisiedlung. Durch aufgestellte
Schilder teilen die Bewohner mit, dass sie keinen Besuch wünschen. Ohne nähere
Informationen wagen wir den Einstieg in die Ostwand nicht. Andererseits lockt
uns der Gipfel, da er eine prächtige Rundumsicht verspricht. Wir besteigen ihn
von Südosten, anfangs auf einer bequemen Pfadspur, später weglos über fast
senkrechte Strauch- und Grashänge. Der Gipfel belohnt uns mit einer traumhaft
schönen Sicht auf die Bucht Whangaroa Harbor. Überall häufen sich auf der
felsigen Spitze Muschelschalen, ein deutliches Zeichen, dass die Maoris diesen
Gipfel oft für Palaver besuchen. Vermutlich kennen sie
einen bequemeren Aufstieg als den
unsrigen.
Whanganui Bay
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Die Whanganui Bay liegt am Westufer des Lake Taupo. Sie ist etwas schwierig
zu erreichen, eine halsbrecherische Gravel Road führt steil hinunter.
Die letzten 2km geht man am besten zu Fuß. Die Bucht selbst ist bildschön.
Sie wird von 50m hohen
Felswänden eingerahmt, an denen bisher etwa 200
Kletterwege eingerichtet wurden. Die Wände sind sehr steil, aber
Gasblasen hinterließen im vulkanischen Rhyolitgestein
viele kleine Löcher, an denen man sich hochziehen kann - falls die Fingerkräfte
ausreichen. Wir bewunderten zwei austalische Kletterinnen an einer
Kante der Schwierigkeit 18 (bei uns etwa VIIc). Wir steckten mal
probeweise die Finger in die beiden Einstiegslöcher und merkten
deutlich, dass diese Art Kletterei überhaupt nicht zu uns passt. Doch an einem
Riss (IV) waren dann die Löcher auch für uns groß genug.
In der Whanganui Bay hatten wir ein bemerkenswertes Erlebnis. Wir
sahen nämlich auf einer Anhöhe eine Hütte, und hofften, dort vielleicht
Kletterer zu treffen. Aber es lebte nur ein Einsiedler darin, ein etwa
50-jähriger Maori. Der Mann versicherte uns, er sei ein direkter Nachkomme
von Johann Wolfgang von Goethe. Unsere ungläubigen Gesichter veranlassten
ihn, uns näherere Einzelheiten aus der "Whakapapa", also aus der Chronik
seiner Familie mitzuteilen.
Danach sei 1849 Johann
Gotty, ein Enkel des großen deutschen Dichters Goethe,
in der Whanganui Bay aufgetaucht. Hier traf er die
junge und bildschöne Maorifrau Puhiwahine. Er gewann ihre Zuneigung,
heiratete sie und hatte mit ihr mehrere Kinder. Das war der Beginn der
"Gottys" in Neuseeland. Er selbst, Carl-Francis Gotty, wäre demnach
ein Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel Goethes. Um die Richtigkeit seiner Worte
zu unterstreichen, deklamierte er lange Passagen aus
dem Faust so ausdrucksstark, ja beinahe inbrünstig, dass wir
uns nicht mehr trauten, irgendwelche Zweifel zu äußern. Im
übrigen waren wir von der Persönlichkeit des Mannes
tatsächlich sehr beeindruckt. Er strahlte eine große Würde
aus, kannte sich trotz der grossen Abgeschiedenheit erstaunlich gut
im aktuellen Weltgeschehen aus und vermittelte uns viele neue
Einsichten in das Leben der Maori. Am Ende verabschiedete er sich von uns
herzlich auf Maoriart, also durch Reiben von Stirn und
Nase.
Als wir dann wieder zu unserem Auto hinaufstiegen, klang in uns diese
eigenartige Begegnung noch lange nach und wir wurden uns wieder bewusst, wie
bereichernd für unseren Urlaub diese gelegentlichen
Abstecher zu Klettergebieten sind.
Niemals hätte uns ein normaler Reiseführer veranlasst, zu dieser Bay
hinabzusteigen, niemals hätten wir diesen sympatischen Einsiedler
kennengelernt. Es tat uns nur etwas leid, dass sein Vorfahre Johann
Gotty offensichtlich ein Scharlatan und Hochstapler war, denn jeder weiß doch, dass
Goethe nur zwei Enkelsöhne hatte, und die waren niemals in Neuseeland.
Zu unserer Überraschung erfuhren wir später in Deutschland von ernsthaften
Untersuchungen der Frage, ob aus dem Verhältnis Goethes mit Lili
Schönemann ein Sohn hervorgegangen sein könnte, dessen Sohn später
unter dem Namen Gotty nach Neuseeland ausgewandert ist. Wäre das
eine Sensation - "die einzigen direkten Nachkommen Goethes leben als Maoris
in Neuseeland" !
In
"Sind die Gottys Nachkommen Goethes?" sind einige Angaben zu diesen Untersuchungen enthalten.
Wharepapa
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Etwa 50km südlich von Hamilton gibt es ein weites Hügelland, eine
pastorale Landschaft von seltener Schönheit. Für Kletterer erhöht sich
der Reiz noch durch die Unzahl von Kalksteinfelsen, die in abenteuerlichsten
Gestalten in versteckten Wiesentälern herumstehen. Sie sind zwar nicht
hoch, meistens nur 5 bis 8 Meter, aber wer kurze Klettereien liebt, kommt hier
voll auf seine Kosten. Ganz zu schweigen von kletternden Kindern, die finden
hier das wahre Paradies.
Südinsel
Charleston
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Neuseeland verfügt über sehr viele felsige Küsenabschnitte, die zum Klettern
einladen. Besonders toll fanden wir die Küste bei Charleston, einem kleinen
Ort an der Westküste, etwa 50km nördlich von Greymouth. Hohe Wellen branden
pausenlos gegen die 40m hohen Granitklippen. Besonders bei Flut spürt man die
Kraft des Meeres, das Wasser bäumt sich auf bis zu den Spitzen der Felsen.
Stundenlang kann man sitzen, dieses Schauspiel wird nicht langweilig. Klettern
aber kann man nur bei Ebbe, und selbst dann muss man den richtigen Moment
abpassen, um trocken zum Einstieg und die ersten Meter hoch zu kommen. Wir
kletterten am Sea Dreamer Wall den Weg "Sweating Up" (15), einen wohlklemmenden
Handriss, am Ende mit einem luftigen Überhang direkt über dem kochenden Wasser -
schaurig schön.
Castle Hill
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Das Klettergebiet Castle Hill befindet sich etwa 100km westlich von Christchurch
direkt an der Staatsstraße Nr. 73 zu Arthur`s Pass. Ein fantastisches Bild: im
Hintergrund die schneebedeckten Vorberge der Alpen, und davor saftig grüne
Hügel, die dicht mit Felstürmen besetzt sind. In erster Linie ist es ein Paradies
für Boulderer, die an Wochenenden zahlreich mit ihren dicken Schaumgummimatten
anrücken und mit unerhörter Ausdauer so lange probieren, bis der sauschwere Zug
1/2 Meter über dem Boden endlich geglückt ist. Aber es gibt auch 40 Meter hohe
Türme mit respektablen Wegen in allen Kletterarten. Besonders eindrucksvoll
sind die poglatten Reibungen. Uns wurde "Love Buckets" (12) empfohlen, eine
luftige Reibungskante. Zum Glück ist sie gut gesichert, sonst wären wir am
letzten Zug auf den Gipfel beinahe noch gescheitert.
Banks Peninsula
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Die Halbinsel Banks bei Christchurch ist vulkanischen Ursprungs. Zwei ehemalige
Vulkankrater wurden zu großen Meeresbuchten, den Häfen von Littleton und Akaroa.
In etwa 700m Höhe über diesen Häfen stehen auf den Kraterrändern einige Felsmauern.
Der Basalt ist eisenfest und hervorragend zum Klettern geeignet. Der Tiefblick
von den Gipfeln ist einmalig schön. Man kann die Kletterer von Christchurch nur
beneiden, denn welche Großstadt hat schon solche Klettergebiete unmittelbar vor ihren
Toren?
Mit dieser kleinen Aufzählung von Klettergebieten möchte
ich es bewenden lassen. Meine
Empfehlung an alle Kletterfreunde ist, bei einer längeren Reise nach
Neuseeland (sagen wir, länger als 3 Wochen) unbedingt die Kletterausrüstung
mitzunehmen.
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