Chile / Argentinien 2005
Im Januar und Februar 2005 fuhr ich zusammen mit Karin
8 Wochen lang mit einem Mietauto kreuz und quer durch die Andenberge in
Chile und Argentinien. Wir sahen phantastisch schöne
Landschaften und trafen überall auf freundliche und hilfsbereite Menschen.
Alles klappte so gut, dass wir uns sehr wünschen, bald noch
einmal in diese Länder zu reisen.
Wir flogen am 5.Januar mit Aerolineas Argentinas von Frankfurt über
Madrid und Buenos Aires nach Santiago. Wir wählten diese Fluglinie wegen
des günstigen Preises (751 Euro) und wegen des relativ hohen Freigepäcks
von 32 kg. Das Mietauto buchten wir über Miller-Reisen bei Hertz Santiago,
und zwar einen geländegängigen Suzuki Vitara Grande. Das Auto erwies sich
als hervorragend geeignet für unsere Zwecke. Auf den oft sehr groben
Straßen fuhr es immer zuverlässig. Selbst auf den manchmal
fast 5000 Meter
hohen Pässen war es nie nötig, die Zündung anzupassen. Allerdings
mussten wir auch für das Auto täglich fast 50 Euro bezahlen, d.h. für
die 8 Wochen 2760 Euro. Viel Geld, aber wir haben die Ausgabe nicht
bereut.
Wir begannen also unsere Autofahrt am Flughafen in Santiago. Zunächst
ging es nach Süden, in die bezaubernde Seenlandschaft mit
den ideal geformten, schneebedeckten Vulkanen. Dann die Traumstraße
Carretera Austral bis zu ihrem südlichen Ende. Die berühmten Gebirge
Torres del Paine und Fitz Roy erlebten wir bei bestem Wetter. Dann
fuhren wir
in Argentinien vorbei am Aconcagua bis hinauf zu den bunten
Felscanyons bei San Juan und zur bolivianischen Grenze. Auf
chilenischer Seite dann durch die Atacama mit ihren Salzseen
und einsamen Vulkanriesen zurück nach Santiago.
Insgesamt waren wir
etwa 18.000 km unterwegs. Man könnte meinen, viel zu viel
für einen erholsamen Urlaub. Aber die Strecke war derart
abwechslungsreich, dass wir das Fahren nie als Last empfanden.
Lediglich auf die vier Reifenpannen hätten wir gern verzichtet.
Zum Glück gibt es ein dichtes Netz von "Gomerias", die das
Ersatzrad schnell und preiswert
reparieren. Benzin war relativ billig, in beiden Ländern
zwischen 0,60 und 0,70 Euro je Liter. Die Lebensmittel
in den Supermärkten waren im Durchschnitt 20 bis 30 Prozent
billiger als in Deutschland. Obst und Gemüse war zu dieser
Jahreszeit reichlich im Angebot. An Straßenständen kauften wir
z.B. 3-kg-Stiegen köstlicher Erdbeeren für einen Euro.
Auch die Preise in Gaststätten waren im Verhältnis zu
Deutschland sehr günstig. Mit
einem Pfützchen auf der Zunge erinnern wir uns
heute noch gern an die saftigen
700 g-Steaks im gediegenen Club Britanico in Rio Gallego, und
daran, dass das großartige Menue einschließlich einem
edlen Rotwein aus Mendoza ganze 7 Euro kostete.
Übernachtet haben wir in unserem kleinen Vaude-Zelt. Meistens
auf einem der hier sehr einfach ausgetatteten Campingplätze
für etwa 5 bis 7 Euro, oft aber auch direkt in der
freien Natur, wenn uns ein Plätzchen besonders gut gefiel.
Im folgenden möchte ich näher auf einige von uns
besuchte Örtlichkeiten
eingehen, die bergsteigerisch von Interesse sind.
Cajon Maipo
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Der Maipo fließt unmittelbar südlich an Santiago vorbei.
Auf der Straße entlang des Flusses gelangt man
erstaunlich schnell aus der 5-Millionen-Stadt in eine
eindrucksvolle Hochgebirgslandschaft. Hier wollten
wir uns nach dem langen Flug erst einmal
gründlich ausschlafen. Am oberen Ortsausgang von
San José fanden wir direkt am Maipo einen
dafür geeigneten Campingplatz.
Am nächsten
Tag fuhren wir das Tal etwa 30 km weiter hinauf bis zum Ende der
Straße. In den Seitentälern öffnete sich manchmal der
Blick zu schneebedeckten 6000-ern der Anden. Direkt
über der Straße erhoben sich senkrechte Felsmauern.
An einigen von ihnen sind bedeutende Kletterwege erschlossen
worden, z.B in den Torrecillas bei Manzano, an
der Plaza Roja oder im neuen Klettergebiet Mascara.
Besonders gut gefielen uns die hohen Sandsteinwände
der Torrecillas. Die Wege haben immerhin bis zu 8 Seillängen.
Doch an diesem Tage war es viel zu heiß, um an ihnen mit Freude klettern
zu können. Wir begnügten uns deshalb mit zwei Felstürmen, die unterhalb
der Wände an einem Bach standen. Wir bestiegen sie beide auf
freundlichen, gut gesicherten Wegen ( IV-V ).
Vulkan Villarica
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Etwa 800 km südlich von Santiago gibt es eine Reihe formschöner Vulkane.
Wir suchten uns den Villarica (2840 m) aus, weil er relativ leicht zu
besteigen ist und vor allem, weil in seinem Krater flüssige Lava
zu sehen ist.
Die meisten Anwärter schließen sich einer geführten Gruppe an. Wir
wollten das nicht, denn wir befürchteten, dass wir zu langsam für
die Gruppe sind. Wir wollten lieber für uns allein sein, um
unser eigenes Tempo gehen zu können.
Obwohl das Wetter in Pucon,
dem Ausgangsort für den Villarica, noch etwas unsicher aussah,
fuhren wir am frühen Morgen
die schmale Straße hinauf in Richtung Schizentrum.
Auf halbem Wege nach etwa
6 km befindet sich an der Straße eine Rangerstation. Hier werden
alle, die ohne Führung auf den Berg wollen, über zu erwartende
Gefahren belehrt. Unsere Steigeisen reichten den Rangern nicht
aus, wir mussten uns dazu noch einen Pickel ausleihen (Gebühr
8 Euro). Der wäre angeblich nötig, falls es plötzlich kalt wird und die
Schneehänge überfrieren. Und im übrigen sei es schon ziemlich spät,
die geführten Gruppen wären schon viel früher aufgebrochen.
Als wir mit dem Auto am
großen Parkplatz des Schizentrums ankamen, lag die dicke Wolkendecke
bereits unter uns und über der
weißen Schneekuppel des Villarica spannte sich
eine tiefblauer Himmel. Wir sahen, wie etwas oberhalb die
letzte geführte Gruppe mit einem Sessellift über den Geröllhang
zur Schneegrenze hinaufschwebte. Das wollten wir natürlich auch.
Schnell legten wir den Geländegang ein und fuhren auf einem sehr holprigen
Weg hinauf zur Talstation. Der Meister hatte den Lift schon abgestellt,
aber Karin setzte erfolgreich ihren Charme ein. Für je 3 Euro schwebten
auch wir genüsslich über den Geröllhang, der uns sonst manchen Tropfen
Schweiß gekostet hätte.
Auf dem Schneehang lief es sich ausgezeichnet. Die Gruppen vor
uns hatten uns eine gute Spur hinterlassen. Wir liefen wie gewohnt
langsam, jedoch ohne zu rasten.
Pickel und Steigeisen waren nicht erforderlich,
aber unsere Teleskopstöcke leisteten gute Dienste. Etwa nach der
Hälfte des Anstiegs hatten wir zwei der Gruppen vor uns eingeholt. Es
war eine ziemlich bunte Mischung, alt und jung, Männlein und
Weiblein. Allen war einheitliche Kleidung
verpasst worden, die gleichen Helme, Anoraks,
Hosen und Schuhe. Das erinnerte uns an alte Zeiten im Kaukasus und
an die russischen
Alpinisten in ihren
khakifarbenen Uniformen. Hier wie dort waren
kleine Größen offenbar knapp, denn die zierlichen Mädchen
sahen aus wie Raubritter in viel zu großen Rüstungen. Aber das tat
ihrer guten Stimmung keinen Abbruch.
Der Weg über den Schneehang dauerte
etwa zwei Stunden. Als wir uns dem Krater näherten, lag ein starkes
Rauschen in der Luft. Dichte Dampfwolken entwichen dem Trichter und
versperrten zunächst den Blick in die Tiefe. Aber dann trieb ein
Windstoß die Schwaden beiseite und wir sahen deutlich die brodelnde
Lava da unten. Ständig gab es kleine Eruptionen und glühende
Lavafetzen wurden emporgeschleudert, manchmal bis weit über den
Kraterrand. Ein berauschendes Schauspiel, an dem wir uns einfach
nicht sattsehen konnten. So waren wir ziemlich die letzten, die
den Gipfel verließen.
Beim Abstieg zeigte sich, dass die
Geführten im Vorteil waren. Sie setzten sich in ihren geborgten
wasserdichten Anzügen einfach in eine der schon tief ausgefahrenen
Schneerinnen und sausten blitzschnell den Hang hinunter. Diese
harte Behandlung konnten wir unseren teuren Goretex-Hosen natürlich
nicht zumuten. Brav stiegen wir Schritt für Schritt hinunter und kamen
sicher als letzte der etwa 60 Gipfelbezwinger dieses Tages in
Pucon an. Dennoch - es war ein Tag so schön, dass wir ihn nie
vergessen werden.
Cochamó
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Von Cochamó hatten wir in einem Artikel der Zeitschrift
"Klettern" gelesen. Mit seinen
1000 Meter hohen Granitwänden
wäre es eine Art Yosemite Valley in Südamerika. Natürlich
wollten wir uns das ansehen.
Der Rio Cochamó mündet etwa 50 km östlich von Puerto Montt
in einen Fjord. Dringt man am Ufer des Flusses etwa 20 km
auf einem sehr beschwerlichen Pfad ins Gebirge vor, weitet
sich plötzlich das bis dahin enge Tal und man sieht über der großen
almartigen Wiese "La Junta" die mächtigen Granitberge.
Auf der Wiese steht eine urige Hütte, das Refugio Cochamo. Die
Hütte gehört Daniel Seeliger, einem Bergsteiger aus Bariloche
in Argentinien. Wenn man nicht das eigene Zelt vorzieht, kann
man in der Hütte für wenig Geld übernachten.
An der Mündung des Rio Cochamó liegt das kleine Fischerdorf Cochamo.
Direkt an der Kirche betreibt Luis Mendez ein kleines
Outdoor-Unternehmen. Er sagte uns, dass der Weg nach "La Junta"
wegen starker Regenfälle in letzter Zeit sehr schwer begehbar
wäre und er riet uns, mit ihm und seinen Pferden hinaufzureiten.
Als Preis für die zwei Tage nannte er uns 130 Euro. Ein
verlockendes Angebot, wir stimmten sofort zu.
Nach einer Nacht auf dem schönen Zeltplatz "Los Castanjos" ging es am
nächsten Morgen los. Die Pferde wurden gesattelt und mit unserer Ausrüstung
beladen. Langsam wurde uns etwas mulmig zumute, denn viel Erfahrung im Reiten
hatten wir nicht. Das Aufsitzen gelang nur mit Mühe, aber Luis beruhigte uns.
Bisher hätten es alle Kunden gesund nach La Junta geschafft. Um es
kurz zu machen - auch wir erreichten La Junta. Nicht ein einziges mal
mussten wir in den vier Stunden unfreiwillig vom Pferd. Dabei war der
Weg ziemlich wüst. Manchmal ging es direkt im Fluss lang oder durch
halbmetertiefen Morast oder über supersteile Geröllpfade hinauf. Doch
unsere Pferde gingen ganz sicher. Sie wussten offensichtlich
genau, dass es ihre erste
Pflicht war, uns ohne ohne Schaden nach La Junta zu bringen.
Wir hatten gehofft, Daniel in seinem Refugio zu treffen, denn er
kennt die Berge ringsum und weiß, welche Kletterwege bisher
erschlossen wurden. Aber er ist bei seiner Frau in Bariloche, die
demnächst ein Kind erwartet.
Luis hatte gehört, dass Daniel irgendwo in der
Nähe eine Art Klettergarten eingerichtet hat. Mit kurzen,
gut gesicherten Anstiegen. Die hätten wir uns gern näher angesehen,
aber wir fanden den Klettergarten nicht und es
waren zu dieser Zeit keine anderen
Bergsteiger auf der Wiese, die wir hätten befragen können. Wir
erfuhren lediglich, dass drei Deutsche seit Tagen an einem
neuen Weg am Cerro Capicua klettern (ein Bericht darüber steht
in "Klettern" 3 / 2005 ). Wir versuchten, sie mit dem Fernglas
zu erspähen, aber die Wände sind so riesengroß,
dass man schon genau wissen muss, wo man zu suchen hat.
Die Umgebung der Wiese ist wunderschön. Luis führt uns zu den
schönsten Stellen dieses Paradieses.
Ein Wasserfall rauscht über große
Felsplatten, so glatt, dass man ohne jede Verletzungsgefahr in den
glasklaren Pool hinunterrutschen kann. Ein großes Vergnügen, nicht
nur für Kinder.
Eine Stunde flussaufwärts
besitzt Luis ein Haus. Es steht malerisch auf einem Bergvorsprung
und wurde vor 20 Jahren, als die Familie Mendez hier oben
noch Rinderzucht betrieb,
aus dem
unverwüstlichen Holz des Alercebaumes erbaut. Luis
will es umbauen zu einem Rasthaus für Wanderer auf der
landschaftlich einmalig schönen, aber auch sehr
anstrengenden 5-Tagestour von
Cochamó nach Puelo. Er selbst führt gelegentlich Gruppen
auf dieser Tour, und ich glaube, dass er ein sehr guter
Führer ist. Um uns bemühte er sich nahezu rührend, wenn
wir Schwierigkeiten mit den Pferden hatten und er
hat uns an den zwei Tagen unglaublich viel über die
Natur dieser Region beigebracht. Angenehm empfanden
wir, dass er recht gut Deutsch spricht. Gelernt hat
er das in Stuttgart, wo er 1/2 Jahr lang ein Training
für Pferdepolo leitete.
An den hohen Wänden der Berge Trinidad, Cerro la Junta und Cerro
Capicua sind bisher etwa 10 Anstiege erschlossen worden. In den
Wegen blieben in der Regel nur die Standhaken zurück, die
notwendigen Zwischensicherungen erfolgten überwiegend durch
Keile, Beaks und Friends. Offenbar werden zur Zeit nur neue
Wege erschlossen, über Wiederholungen ist bisher nichts bekannt.
Das Potential für lohnende Neutouren soll lt. Jens Richter, der
im Dezember 2004 eine 1000m-Wand am Cerro la Junta erstbegangen
hat, riesengroß sein. Allerdings haben zumindest die Big Walls
nahezu Expeditionscharakter, wenn man bedenkt, wie aufwendig
das erforderliche Material zunächst auf die Wiese und dann
weglos an den Fuß der erwählten Wand gebracht werden muss.
Nach meiner Ansicht bieten sich aber auch lohnende Wege mit
niedrigem Schwierigkeitsgrad und geringen Materialanforderungen
an, zum Beispiel an den Bergen westlich vom Trinidad.
Momentan ist es problematisch, verlässliche Informationen
zu den Kletterwegen zu bekommen. Mir ist bekannt, dass
Daniel Seeliger an einer Webseite zum Gebiet arbeitet.
Sobald diese nutzbar ist, werde ich sie hier benennen.
Für uns steht fest: sollten wir irgendwann wieder
nach Chile kommen, dann bestimmt auch wieder nach Cochamó.
Und dann statt der zwei Tage mindestens zwei Wochen.
Luis und seine Pferde werden uns hinaufbringen. Und auch
unsere Ausrüstung, denn wir werden uns Wege suchen auf
die Berge westlich vom Trinidad. Wäre das schön !
Carretera Austral
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Die Carretera Austral ist kein Kletterberg, sondern eine
abenteuerliche Straße. Sie
führt von Puerto Montt 800 km in den Süden Chiles, bis
riesige Eisfelder das weitere Vordringen verhindern.
Wir sitzen im Auto und werden nicht müde, die phantastischen
Berglandschaften auf beiden Seiten der Straße zu bestaunen.
An manchem verlockenden Kletterziel kommen wir vorbei, doch
wir haben noch einen weiten Weg vor uns und acht Wochen
sind da keine lange Zeit. Manchmal aber können wir nicht
widerstehen. Wenn sich ein besonders schönes Nebental
auftut, so fahren wir einfach hinein, um zu sehen, was uns dort
erwartet. Nie werden wir enttäuscht. Die Natur hält
immer neue Überraschungen für uns bereit und es fällt uns
schwer, den Abstecher irgendwann abzubrechen, denn vielleicht
kommt die besondere Attraktion hinter der nächsten Kurve ?
Obwohl die Carretera Austral sehr berühmt ist, geht es recht
einsam auf ihr zu. Man fährt manchmal Stunden, ohne einem
anderen Fahrzeug zu begegnen. Ursache dafür ist
vermutlich die ziemlich grobe
Straßenoberfläche. Wir registrierten froh, dass unser
Vitara ausgezeichnet gefedert und
auch sonst sehr robust war.
Nur die Reifen litten, wenn es über scharfkantigen
Schotter ging. Bei der ersten Panne fehlte uns noch die
Erfahrung, und bevor wir das Malheur bemerkten, war der
Reifen völlig hin und sogar
die Felge etwas beschädigt. Wir hatten Mühe, ein
geeignetes Ersatzrad zu bekommen. Doch
dieser Vorfall sollte uns eine Lehre sein. Wir achteten
künftig sehr auf
verdächtige Bewegungen des Autos und die nächsten
drei Pannen bemerkten wir immer rechtzeitig.
Torres del Paine
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Als wir uns, von Puerto Natales kommend, dem Gebirge
nähern, stecken die Berge in dicken Wolken. Wir
erinnern uns an Berichte, dass andere hier wochenlang
auf schönes Wetter gewartet haben und schließlich
nach Hause fahren mußten, ohne die Berge je gesehen zu haben.
Diese Ecke Patagoniens ist berüchtigt als üble Wetterküche.
Aber unsere Reise steht anscheinend unter einem guten Stern.
Als wir den Lago Sarmiento erreichen, dringt plötzlich die Sonne
durch die Wolken und es dauert nicht lange, bis auch
jenseits des Sees die drei kühnen Torres ihre Schleier
abwerfen.
Für Kletterer sind zwei Bereiche dieses Gebirges besonders
interessant. Das sind einmal die drei hohen Türme (Torre Sur,
Torre Central und Torre Norte), die dem Gebirge seinen
Namen gaben, und es sind andererseits die phantastischen
Felsspitzen, die den Talschluss des Valle del Frances bilden.
Aber um diese Berge zu besteigen, muss man jung und drahtig
sein. Oder zumindest drahtig. Für mich und Karin sind sie
allesamt tabu. Aber wir wollen sie wenigstens sehen, möglichst
ganz aus der Nähe.
Der Zeltplatz an der Hosteria las Torres ist sehr schön gelegen.
Beim Aufbauen des Zeltes sehen wir immer wieder
hinauf zu den drei Torres. Sie schälen sich mehr und mehr heraus
aus den Wolken. Da gibt es für uns kein Halten mehr. Obwohl es schon
spät am Nachmittag ist, eilen wir das Tal hinauf, um den
Türmen näher zu kommen. Doch so sehr wir uns auch beeilen, am
Refugio Chileno müssen wir einsehen, dass wir zu spät dran sind,
um den Aufstieg zum Mirador las Torres noch bei
Tageslicht zu schaffen. Dort würden wir den Türmen ganz nah
gegenüber stehen, hier am Refugio stecken wir viel zu tief im Tal.
Es hilft nichts, wir müssen morgen wiederkommen.
Am nächsten Morgen stecken die Torres voll in den Wolken.
Es sieht nicht so aus, als würden sich das bald ändern. Wir
planen um, und fahren mit der Fähre über den Lago Pehoe zum
Zeltplatz Paine Grande. Auch die Berge über dem Valle del Frances
stecken in den Wolken. Aber der Boss vom Zeltplatz verrät uns,
dass sich das Wetter bessern soll.
Mit dem ersten Tageslicht brechen wir auf, denn der Weg
bis zum Camp der Briten ist weit. Das Wetter ist
tatsächlich gut. Mächtig ragen über uns die Hörner der
"Cuernos del Paine" in den Himmel. Es sind eigenartige
Berge, oben die Gipfel dunkel, darunter helle Wände, von
urzeitlichen Gletschern blankgeschliffen. Und allesamt
nur schwer zu besteigen.
Je weiter wir das Tal der Franzosen hinaufsteigen, desto
deutlicher kommen die mächtigen Felstürme über dem
Talschluss in unser Blickfeld. Vor allem das Schwert
( "Espada", 2200 m ) beeindruckt uns sehr. Wie poliert
glänzen seine glatten Wände in der Morgensonne. Und dann
sehen wir die Haiflosse ( "Aleta de Tiburón", 1717 m ).
Unglaublich kühn steht diese Felsspitze im hintersten
Ende des Tals. Eigentlich ist sie klein unter den
viel höheren Bergen ringsum, aber sie besticht durch ihre Form.
Vor allem die messerscharfe Südkante zieht unsere Augen an. Sie ist
sehr geneigt und wohl nicht allzu schwierig. Ein Traumweg !
Leider nicht für uns, denn schon das Herauftragen der notwendigen
Ausrüstung zum Camp der Briten würde uns schwerfallen. Wir sind
leider ein paar Jahre zu spät hierher gekommen.
Fitz Roy
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Kaum zu fassen. Wir fahren von Süden her nach Calafate und sehen plötzlich
über den Lago Argentino hinweg zwei Felstürme. Diese
Türme kennen
wir, denn wir haben sie oft auf Bildern gesehen. Sie sind
weit entfernt, aber es gibt keinen Zweifel: wir sehen die
zwei unverwechselbaren Berühmtheiten Cerro Torre und Fitz Roy,
obwohl sie noch 200 km entfernt sind !
Am nächsten Tag fahren wir auf endlos langen Schotterstraßen nach
El Chaltén, dem kleinen Dorf am Fuße des Fitz Roy. Wir bleiben auf
dem Zeltplatz vor dem Ortseingang. Er hat wenig Komfort - waschen
muss man sich im Fluss - aber man hat eine prächtige Aussicht auf
Cerro Torre und Fitz Roy.
Am nächsten Morgen stehe ich zeitig auf. Es ist sehr kalt, das
Zelt ist von einer dünnen Eisschicht überzogen. Ich sehe ein
traumhaft schönes Bild : Cerro Torre und Fitz Roy leuchtend rot
in der Morgensonne. Schnell ein paar Fotos, denn bald lässt
dieses Leuchten nach.
Heute wandern wir zum Cerro Torre. Der Weg führt über
einige Hügel. Jeder Hügel ein excellenter Aussichtspunkt.
Je näher wir dem Cerro Torre kommen, desto gewaltiger
beherrscht er das Bild. Am Ende stehen wir ihm direkt
gegenüber auf der Moräne des Torre-Gletschers. Er wirkt
zum Greifen nahe, doch unsere Karte belehrt uns, dass
er immer noch 10 km entfernt ist. Bestimmt
sind bei dem ungewöhnlich schönen Wetter
Kletterer an seinen Wänden, aber selbst mit dem Fernglas
ist niemand zu sehen.
Und obwohl
wir ziemlich genau wissen, wo der sagenhafte Kompressor der
Italiener hängt, können wir auch ihn nicht
sehen. Es ist eben ein gewaltiger Turm und ein Mensch
an ihm winzig klein. Es fällt
uns schwer, derartige Größenverhältnisse zu
begreifen.
Am nächsten Tag wandern wir zum alles beherrschenden
Fitz Roy (3405m). Er ist noch 300m höher als Cerro Torre
und wesentlich massiger. Seine imponierende Gestalt wird
durch die schlanken Felsnadeln Poincenot und Saint Exupery noch
unterstrichen. Wir stehen und staunen. Da wir diesen schwierigen
Bergen gegenüber absolut chancenlos sind, zeige ich
wenigstens bei einem Bad im Lago Capri Einsatz. Nach
meinem Gefühl müsste seine Temperatur weit unter 0 Grad liegen.
Piadra Parada
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In der Nähe von Esquel gibt es am Oberlauf des Rio Chubut ein
besonders schönes Klettergebiet. Am südlichen Flussufer
liegt wie ein riesiges Osterei die 80 Meter hohe Piedra Parada auf
dem Wüstensand. Auf ihn führen sechs Wege, keiner leichter als VII.
Am anderen Flussufer
(man muss durch den Fluss hinüberwaten)
öffnet sich der Geier-Canyon ( "La Buitrera" ),
in dessen über 200m hohen Wänden bisher ca. 60 Wege erschlossen
wurden.
Das vulkanische Gestein ist fest und sehr glatt. Die Wege
sind viel schwerer, als es beim ersten Blick den Anschein
hat. Zum Glück gibt es am rechten Eingang der Schlucht
einige kurze und leichte Wege.
Im Canyon steht die 180m hohe Felsnadel "Aguja de la Virgen",
sie ist schlank und spitz und vermutlich noch nie bestiegen.
Die Landschaft wirkt auf uns Mitteleuropäer sehr
fremdartig. Die Nacht im Zelt am ruhig dahinfließenden
Chubut, das morgendliche Bad im Fluss, die bizarren Felsen
ringsherum - es hat sich für uns gelohnt, dieses etwas
abgelegene Gebiet zu besuchen.
Valle Encantada
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Das Verzauberte Tal liegt etwa 40 km nördlich von
Bariloche, direkt an der Straße nach Neuquen. Es ist
ein sehr beliebtes Klettergebiet und an Wochenenden
kann man viele Kletterer an den schlanken Felstürmen
sehen. Das Gebiet erinnerte uns stark an das
heimische Bielatal, nur dass der Wald fehlt. Aber
umso besser kann man die bizarren Säulen am Talhang sehen.
In der Umgebung von Bariloche gibt es noch andere Klettergebiete.
Zum Beispiel ist der Kamm des Berges Catedral (2388 m) mit
hohen Felszähnen bespickt. Diese Kletterobjekte befinden
sich zwar sehr hoch über Bariloche, aber vom Vorort Villa Catedral
kann man bequem mit einer Seilbahn zum Kamm hinauffahren. Die
Aussicht beim Klettern ist unvergleichlich schön.
Der bunte Norden
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In Argentiniens Norden zeichnen
sich die Felsgebiete von Mendoza bis hin zur
bolivianischen Grenze
durch ihre große Farbigkeit aus. Es
ist kaum zu glauben, welche Palette mitunter auf engstem Raum
zum Einsatz kommt. Und welch bizarre Felsgestalten mitunter
aus dem weichen Material geformt wurden. Zum Klettern sind
diese Felsen aber meistens nicht geeignet.
Atacama
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Ehrlich gesagt, von den hohen Vulkanen im Norden waren wir
etwas enttäuscht. Wir hatten erwartet, dass solche Riesen
wie Ojos de Salado (6862 m) oder Tres Cruzes (6749 m) dick
mit Schnee und Eis bedeckt sind. Mitnichten. Sie waren
jetzt im Sommer nur leicht
überzuckert und wirkten auf uns wie felsige Hügel, die
man leicht besteigen kann.
Das ist natürlich völlig
verkehrt. Die superklare Luft raubt einem jeden
Maßstab für die riesigen Entfernungen. Und der starke
Wind und die dünne Luft in großen Höhen stutzen sicher
schnell jede Überheblichkeit. Wir übernachteten ein paar Mal
am Fuß der Berge in etwa 4500 m Höhe und hatten,
da nicht genügend an die Höhe angepasst, etliche Probleme
beim Schlafen.
Auch wenn man nicht auf die Berge
steigt, ist die Landschaft der Atacama-Wüste faszinierend schön.
Die folgenden Bilder geben vielleicht eine kleine Vorstellung
davon.