Südliches Afrika 2000


     Vom 24.10. - 20.12.2000 machte ich zusammen mit meiner Frau eine Rundreise um Südafrika. Wir fuhren von Johannesburg im Uhrzeigersinn um das große Land, wobei wir auch Swaziland, Namibia und Lesotho besuchten. Zunächst ein paar Angaben zur finanziellen Seite:
      Der Flug mit KLM von Dresden über Amsterdam kostete 1.300DM, der bereits beim ADAC-Reisebüro in Dresden gebuchte Mietwagen Toyota Corolla kostete je Tag 35DM, über die 56 Tage also ca. 2.000DM. Wir fuhren etwa 16.000km und bezahlten für Benzin (ein Liter kostete ca. 1,20DM) insgesamt etwa 1.500DM. Wir hatten ein Bergzelt mitgenommen und schliefen fast immer auf Campingplätzen, die recht gut ausgestattet und im Oktober / November kaum belegt waren. So können insbesondere die unten genannten Plätze allesamt empfohlen werden. Die Nacht kostete im Schnitt 15DM, so dass wir insgesamt etwa 700DM bezahlten. Für Verpflegung (die Preise in Supermärkten und Restaurants sind in etwa vergleichbar mit den unsrigen) , Eintrittsgebühren in Nationalparks usw. benötigten wir weitere 3.100DM. Damit kostete die Reise für uns zwei insgesamt 9.800DM, d.h. Südafrika ist im Vergleich zu USA oder Australien ein sehr preisgünstiges Reiseziel.
     Ich werde mich im folgenden auf die Reiseetappen beschränken, die mit Wandern und Klettern im Gebirge zu tun hatten.


Waterval Boven
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Übernachtung: Campingplatz südlich über der Stadt.
Der Elands River fließt durch ein imponierendes Felsental. Wir hatten gelesen, dass an den Felswänden intensiv geklettert wird, als wir aber die durchweg senkrechten bis überhängenden Wände zu Gesicht bekamen, packten wir unsere Seile gar nicht erst aus. Das war für uns viel zu schwer, und außerdem lieben wir das Sportklettern an Massivwänden keineswegs. Wir besuchten aber das Naturreservat in der Nähe des Straßentunnels und waren erstmals so richtig begeistert über den üppigen südafrikanischen Pflanzenwuchs.

Zum Vergößern :
Naturreservat Waterval Boven


Blyde River Canyon
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Übernachtung: Campingplatz Blydepoort am Westrand des Canyons.
Der Canyon ist 32km lang und bis zu 800m tief. Er wird von Felswänden gesäumt, die aus gelbem und rötlichem Granit bestehen. Sicherlich würden sich die kilometerlangen Wände gut zum Klettern eignen, wenn sie besser erreichbar wären. Aber nur an wenigen Stellen führen Stichstraßen in die Nähe des Abgrundes. Vom Campingplatz Blydepoort aus erreicht man einige freistehende Türme, an denen man gut klettern kann. Einen besonders schönen bestiegen wir, vielleicht eine III. Dabei beobachteten uns Paviane. Offenbar angeregt durch unser Tun zeigten sie ihrerseits, was sie drauf haben. Es war schon imponierend, mit welcher Geschwindigkeit sie steile Wände hinaufsprangen, die wir trotz unserer Ausrüstung nicht wagen würden. Auf dem Gipfel sitzt es sich sehr gut, man sieht über den tiefen Canyon hinweg zu den berühmten Three Rondavels, drei eigenartig geformten Bergen.
     Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf ein ernstes Problem zu sprechen kommen. Nahezu überall in den Gebirgen Südafrikas gibt es Affen, meistens Paviane und Meerkatzen. Vor allem die durchtriebenen Paviane liegen immer auf der Lauer, irgendwas zu stehlen. Man sollte deshalb seine Utensilien beim Klettern oder auf dem Campingplatz nie unbeaufsichtigt lassen. Was ein Pavian einmal in den Wald geschleppt hat, ist in der Regel unwiederbringlich verloren. Auch ist das Füttern der Affen gefährlich und streng untersagt. Nur so lässt sich die notwendige Distanz zu diesen Tieren erreichen.
Türme überm Canyon    Three Rondavels


Drakensberge
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Die Abstürze der Drakensberge erstrecken sich über viele hundert Kilometer parallel zur Küste. Es gibt eine Unzahl von schönen Berggestalten, die oft über 3000m hoch sind. Meistens ist der Zugang zu den Bergen lang und anstrengend und ihre Besteigung ist kaum an einem Tag zu schaffen. Wir stießen an drei Stellen ins Gebirge vor:

Amphitheater      Übernachtung: Campingplatz Mahai mitten im Amphitheater.
Weit im Norden gibt es eine Kette hoher Berge, die ein riesiges Halbrund - das Amphitheater - einschließen. Besonders beeindruckend sind die beiden Eckpfeiler der Kette, der Eastern Buttress und der Sentinel. Beim Sentinel gibt es den glücklichen Umstand, dass von Phuthaditjhaba, der Hauptstadt der Provinz Qua-Qua, eine Sandstraße (3DM Maut sind zu bezahlen) bis an den Fuß des Berges in weit über 2000m Höhe führt. Leider hatte man uns eingeredet, dass man den Gipfel leicht auf einem Wanderpfad erreichen kann, weshalb wir unser Seil im Auto zurückließen. Es stellte sich aber heraus, dass unsere Berater gar nicht den Sentinel gemeint hatten, sondern den dahinter stehenden Western Buttress, der tatsächlich mit langen Eisenleitern leicht besteigbar ist. Für den 400m hohen Normalweg auf den Sentinel sollte man besser ein Seil haben, denn die erste und die letzte Seillänge haben die Schwierigkeit III. Wir verzichteten deshalb schweren Herzens, aber auch der Western Buttress ist ein eindrucksvoller Berg. Von seinem Gipfel sieht man weit hinein in das Königreich Lesotho. So etwa stellen wir uns Tibet vor. Starke Bäche kommen vom flachen Hochland, die Tugela stürzt in drei Etappen über 900m nahezu senkrecht in die Tiefe.
     Übrigens steht mitten im weiten Rund des Amphitheaters ein bemerkenswerter Fels. Er heißt wegen seiner Form Policeman´s Helmet und Zittauer Kletterfreunde werden sicher an ihren Kelchstein erinnert. Aber Policeman´s Helmet ist höher und - wenn überhaupt - viel schwerer zu besteigen. In seiner Westseite stecken im unteren Teil einige Bohrhaken, aber weiter oben fehlen jedwede Besteigungsspuren.
     Hinter dem Eastern Buttress verbirgt sich der 200m hohe Devils Tooth, ein schlanke Felsnadel, die große Ähnlichkeit mit der Guglia di Brenta hat. Das Hauptproblem ihrer Besteigung wird sein, erst einmal ihren Fuß zu erreichen.
Sentinel Normalweg   Devils Tooth   Policeman´s Helmet

Monks Cowl      Übernachtung: Campingplatz Monks Cowl.
Der Monks Cowl ist ein gewaltiger Felsturm mit einer Höhe von 3281m. Nur schwierige Wege führen hinauf, seine erste Besteigung erfolgte 1942, also relativ spät für einen derart bedeutenden Berg. Hier gibt es auch keine Straße, die den Zugang erleichtert. Aber im Talschluss finden wir nach langem Aufstieg Keith´ Bushcamp, eine liebliche Wiese, auf der man sein Zelt aufstellen oder - wie in unserem Fall - den Biwaksack auspacken kann. Der weitere Aufstieg zur Scharte zwischen Monks Cowl und Cathins Peak ist steil und anstrengend. Oben sehen wir den Monks Cowl erstmals aus der Nähe und uns verlässt der Mut. Der Anstieg ist sehr ausgesetzt und mindestens eine V. Wir sind hier völlig einsam im Gebirge, wir sahen nur Paviane, nie Menschen. Deshalb ist es uns einfach zu riskant, den Weg zu versuchen. Trotzdem bereuen wir nichts, denn die zwei Tage unterm Monks Cowl waren angefüllt von starken Eindrücken.
Monks Cowl  

Guardian Peaks      Sie liegen am südlichsten Ende der Drakensberge. Für diesen Teil kann der spezielle Bericht     Guardian Peaks    aufgerufen werden.


Tafelberg bei Kapstadt
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Übernachtung: Campingplatz in Muizenberg.
Man hört, es wäre ein feines Erlebnis, über eine Felswand auf den Tafelberg zu klettern. Wenn man aber bedenkt, dass die Seilbahn alle 15min achtzig Menschen auf dem Gipfel ausspuckt, so sollte man wenigstens die eingerichteten Abseilpisten kennen, um nach dem Aufstieg nicht mit diesen Menschenmassen zu kollidieren. Wir wussten nicht Bescheid, deshalb fuhren wir lieber auch mit der Seilbahn hinauf und genossen den überwältigenden Blick hinunter nach Kapstadt und nach Süden bis zum Kap der guten Hoffnung. Auf diese Weise gewannen wir ganz nebenbei die Zeit für einen Besuch des Botanischen Gartens in Kirstenbosch, einer riesigen Anlage mit wohl allen Pflanzenarten Südafrikas, die trotz ihrer Größe anheimelnd sympathisch wirkt.


Cedergebirge
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Das Cedergebirge erstreckt sich über eine 100x50 Kilometer große Fläche, die übersät ist mit unzähligen skurrilen Felsgestalten aus Granit. Wir haben zwei Teile des großen Gebirges aufgesucht.

Wolfsberg      Übernachtung: Campingplatz am Beginn des Aufstiegs zum Wolfsberg.
Der Wolfsberg ist ein riesiger Tafelberg. Der normale Wanderaufstieg führt zunächst über einen Hang, auf dem malerisch viele kleine Klettertürme stehen. Weiter oben gibt es einen großen weißen Block, unter dessem Überhang Erdpech hervorquillt - angeblich ein Mittel zur Verlängerung des Lebens. Dann kommen wir zu mehr als 100m hohen Felsriffen, auf die schwierige Kletterwege führen (VI und mehr). Wir beobachten einheimische Kletterer. Es sieht gewaltig aus und ist ganz sicher nichts für uns. Aber auch auf unserem Wanderweg muss jetzt geklettert werden. Zwischen zwei der Felsriffe geht es abenteuerlich nach oben. Bei einer Wandergruppe vor uns trennen die glatten Kamine die Spreu vom Weizen. Oben auf der Gipfelfläche verschlägt es uns fast die Sprache. Welche phantastischen Felsbildungen sich die Natur hier hat einfallen lassen, ist kaum zu fassen. In der Ferne sehen wir die Attraktion des Wolfsbergs, ein großes Felstor von bestechend eleganter Architektur. Beim Gang über die Hochfläche fühlen wir uns wie auf einem anderen Stern.
     Am nächsten Tag besuchen wir vor der Weiterreise noch einen Felsüberhang mit Buschmann - Zeichnungen. Er liegt wenige Kilometer östlich des Campingplatzes nahe der Straße. Der Platz strömt große Feierlichkeit aus. Offenbar baten die Schamanen der Buschmänner hier um Regen, die dargestellten Elefanten sind als Regenbringer zu deuten. Und auch hier dringt Erdpech aus den Felsen.
Anstieg zum Wolfsberg    Riff am Wolfsberg    Felstor auf dem Wolfsberg    Am Wolfsberg-Tor    Buschmann-Zeichnungen

Rocklands      Übernachtung: Campingplatz "Rocklands" dicht westlich unterm Pakhuis-Pass.
Die Rocklands liegen etwa 20km östlich der Stadt Clanwilliam, dem Hauptanbauort des beliebten Rooibos-Tees. Wir hatten gelesen, dass die Rocklands ein weltberühmtes Bouldergebiet sind. Wir sahen einige Gruppen von Kletterern, die an den etwa 5m hohen Felsblöcken die verrücktesten Anstiege bewältigten. Dabei gab es hier auch richtige hohe Kletterfelsen, aber die wurden von den Boulderfans einfach ignoriert. Wir bestiegen einen etwa 30m hohen Turm von entenartiger Gestalt, nichts besonderes, aber irgendwie kamen wir uns viel echter vor als die Blockakrobaten. Unter denen waren übrigens vier Kletterer aus Südtirol. Meine provozierende Frage, ob sie zu Hause nicht viel mehr solcher Blöcke hätten, konnten sie nicht verstehen. Aber sonst waren sie nett, und sie schenkten uns eine Lageskizze der Spitzkoppe in Namibia. So ein Glück.
Die Ente


Namibia
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In Namibia besuchten wir u.a. folgende Stellen:

Waterberg      Übernachtung: Campingplatz am Südfuß des Berges.
Der Waterberg ist ein Ungeheuer von Tafelberg: 50km lang und 10km breit. Ringsherum steile Felswände, so dass die auf dem Berg angesiedelten kostbaren Tiere nicht bewacht werden müssen. An den Felswänden überm Campingplatz wird offenbar manchmal geklettert, denn man findet Gedenktafeln alpiner Vereine für verunglückte Mitglieder. Wir kommen gar nicht auf den Gedanken, hier zu klettern, denn es ist ein besonders heißer Tag. Es fällt uns schon schwer, auf den Berg hinaufzuwandern. Gut nachempfinden können wir die Leiden mehrerer tausend Hereros, die hier einst von deutschen Kolonialtruppen in den Verdurstungstod getrieben wurden. Bei dieser Erinnerung fällt es uns schwer, Freude an der weiten Sicht vom Waterberg zu finden.

Erongo-Gebirge      Übernachtung: Campingplatz neben der Ameib Ranch.
Die Südtiroler in den Rocklands hatten uns gesagt, dass ein Sachse im Erongo-Gebirge ein Klettergebiet erschlossen hätte. In Usakos, einem Ausgangsort in das Erongo-Gebirge, sagte man uns, da käme nur die Umgebung der Ranch Ameib in Betracht. Wir fuhren durch die Wüste zur Ranch. Tatsächlich gab es hier viele Felsen, meistens geformt zu riesengroßen Kugeln, glatt und denkbar ungeeignet zum Klettern. Überragt wurde die Ranch von einem gewaltigen Granitdom, dem "Giant". Sein Gestein war ganz sauber und glänzte im Gegenlicht wie ein Spiegel. Wir beschlossen, den Berg am nächsten Morgen in aller Frühe zu besteigen. Tatsächlich rafften wir uns sehr früh auf, aber der Anstieg entpuppte sich als sehr lang. So stand die Sonne schon sehr hoch, als wir endlich auf dem Gipfel ankamen. Wir hatten den Berg unterschätzt, hatten viel zu wenig Getränk mitgenommen. Die Zunge wurde dick und pelzig, wir bekamen kaum noch ein Wort heraus. Dabei mussten wir uns beim Absteigen voll konzentrieren, denn ein Ausgleiten auf den glatten Flächen hätte fatale Folgen. Der Verwalter der Ranch hatte uns von grässlichen Schürfwunden irgendwelcher Vorgänger erzählt. Sicherheitshalber nutzten wir an kribbeligen Stellen das Seil zum Abseilen. Unten schleppten wir uns qualvoll zur Ranch, doch hier normalisierten wir uns schnell, denn es gab kühle Fruchtlimonade und sogar einen kleinen Swimmingpool, ganz für uns allein. Eines aber hatten wir gelernt: zu wenig Getränk kann hier lebensgefährlich sein.
Der Giant über der Ranch Ameib
(Nach dem Urlaub erfuhren wir, dass das von uns gesuchte Klettergebiet etwa 15km nordwestlich der Ranch Ameib liegt. Hasso Gantze aus Wehlen, der jetzt seinen Wohnsitz in Swakopmund hat, verfasste dazu 1998 den Kletterfürer "Omandumba". Wir ärgern uns jetzt sehr darüber, dass wir das Gebiet nicht gefunden haben, zumal wir auf Dias eines Freundes von Hasso sehen konnten, wie schön es dort ist.)
     Vom Gipfel des Giant sahen wir weit im Westen einen tollen Berg. Hoch und spitz schwebte er förmlich über der Wüste. Das konnte nur die Spitzkoppe sein.

Spitzkoppe      Übernachtung: Irgendwo am Nordfuß der Spitzkoppe, möglichst an einer Stelle, wo es tagsüber schattig ist.
Man bezahlt an einer Rezeption 40 Namibia-Dollar (etwa 15DM), dann hat man die ganze Spitzkoppe zu seiner Verfügung. Es gibt keinerlei Service, man muss also u.a. selbst genügend Trinkwasser mitbringen. Es gibt hier auch keine Routenbeschreibung für die Spitzkoppe. Wir wussten eigentlich nur, dass der Normalweg in der Nordseite eine große Kluft benutzt. Deshalb wollten wir das Zelt auch unter dieser Nordseite aufstellen, um den Weg in Ruhe studieren zu können. Im Norden aber scheint hier auf der südlichen Halbkugel unbarmherzig die Sonne. Wir suchten lange, bis wir eine schattige Stelle fanden. Noch am Abend stiegen wir über das Geröll zum Einstieg bzw. dorthin, wo wir den Einstieg vermuteten. Am Giant schlau geworden, deponierten wir hier in einem Felsloch zwei Liter Getränk. Die würden uns nach dem Abstieg gut tun.
     Am nächsten Morgen ließen wir es relativ ruhig angehen. Wir hatten uns die Taktik zurechtgelegt, den Anstieg auf zwei Tage aufzuteilen. Da konnte unser Altleutetempo nicht viel schaden. Natürlich wurde unser Gepäck dadurch etwas schwerer, denn an zwei Tagen trinkt man mehr. Und da wir die Schwierigkeit des Wegs nicht genau einschätzen konnten, sparten wir sicherheitshalber auch nicht an der Kletterausrüstung. Insbesondere nahmen wir zwei Seile mit, denn wir hatten gehört, dass man sich nach einer Schulter ein Stück abseilt und das man evtl. ein Seil für die Rückkehr hängen lassen muss. Wir waren also ganz schön bepackt.
Als Einstieg wählten wir eine der vier langen Spalten, die in der Nordseite zur Terrasse in etwa 150m Höhe führen. Unmittelbar darüber beginnt die mächtige Kluft, die weit oben an der Schulter endet. Doch diese Kluft enttäuschte uns sehr. Bereits nach 50m wurde sie durch riesengroße Klemmblöcke versperrt, die wir beim besten Willen nicht überwinden konnten. Eine böse Falle, aus der es nach oben zu keinen Ausweg gab. Auf dem Grunde der Kluft lagen verrostete Konservendosen, d.h. auch andere hatten sich schon hierher verlaufen. Uns half kein Zetern, der richtige Weg ging offenbar weiter links. Wir mussten einen Teil der mühselig erreichten Höhe wieder hergeben. Erst viel tiefer konnten wir nach links queren und waren sehr froh, als wir dort auf die Steinmänner des Normalwegs stießen. Der Verhauer hatte viel Kraft und Zeit gekostet.
     (Nach dem Urlaub erkundigten wir uns nach dem genauen Verlauf des Normalwegs. Er steigt im rechten Teil der Ostwand ein und erreicht die Kluft in der Nordwand erst oberhalb der Terrasse. Es gibt inzwischen einen englischsprachigen Kletterfüührer "Spitzkoppe & Pontok" von Eckhardt Haber aus Windhoek, der den Verlauf genau beschreibt.)
     Wenn man den richtigen Weg nutzt, sind die klettermäßigen Schwierigkeiten bis zur Schulter nie größer als IV. Dass man sich vorwiegend in Klüften befindet, ist zwar nicht schön, hat aber auch einen Vorteil, nämlich dass man hier häufig auf Schatten trifft. Oft gibt es direkt neben der Kluft schöne geneigte Wände. Es wäre toll, würde hier jemand Bohrhaken anbringen, denn dann könnte man ganz beschwingt über diese Wände klettern. Vielleicht ließe sich dann sogar die böse Stelle direkt unter Schulter vermeiden. Es handelt sich um einen sehr engen Spalt, fast so eng wie das Mauseloch an der Kleinen Zinne in der Sächsischen Schweiz. Wer mich und meine Statur kennt, wird ahnen, wie mich dieser Spalt geärgert hat.
     Die wahren Schwierigkeiten des Normalwegs beginnen erst nach der Schulter. Zunächst seilt man sich etwa 15m auf ein großes Band in der Westwand ab. An dessen rechtem Ende ist eine glatte Platte zu überwinden, lupenrein sächsisch geklettert ist sie die Schlüsselstelle des Anstiegs (etwa VIIa). Vergisst man kurzzeitig seine Herkunft, lässt sich die Platte durch Bauen und mit den künstlichen Tritten wesentlich erleichtern. Aber spannend bleibt die Stelle trotzdem.
     Unser Plan mit dem Biwak am Fels erweist sich als gut, denn etwa 50m vor dem Gipfel ereilt uns die Dunkelheit, die in diesen Breiten fast ohne Dämmerung hereinbricht. Gerade noch rechtzeitig erreichen wir ein geeignetes Band, auf dem wir in unsere Biwacksäcke kriechen. Die Nacht ist ganz klar. Über uns spannt sich ein prächtiger Sternenhimmel auf, und wir staunen andächtig hinauf. Plötzlich dringen ferne Rufe an unser Ohr: 'wo seid ihr', 'wo seid ihr' ? Sofort wird uns unser Versäumnis bewusst. Gestern abend hatten wir nämlich vier andere Bergsteiger kennengelernt und vergessen, ihnen zu sagen, dass wir zwei Tage unterwegs sein wollen. Jetzt irren sie mit ihren Taschenlampen unten auf dem Geröll herum und wollen uns helfen. Wir rufen ihnen zu, dass bei uns alles in Ordnung sei. Ihre Hilfsbereitschaft in dieser menschenleeren Gegend berührt uns angenehm, doch andererseits schämen wir uns, dass wir ihren unnötigen Einsatz gedankenlos verursacht haben. Lange müssen wir zusehen, wie sich die Vier durch die Blöcke hinuntermühen. Dann kommt ganz allmälich - als sollten wir bestraft werden - eine große Kälte auf. Hier, wo man tagsüber vor Hitze kaum atmen kann, frieren wir jetzt wie die Schneider. Zum Glück fällt uns die winzige Rettungsdecke ein. Wir wickeln sie um uns, und tatsächlich gibt sie uns angenehme Wärme, so dass uns bald der Schlaf übermannt. Tief aber ist der Schlaf nicht. Zum Glück, denn sonst hätten wir vielleicht das phantastische Farbenspiel verpasst, dass die ersten Sonnenstrahlen über der Wüste entfachen. Unvergesslich schön! Dann halten wir Kriegsrat. Trotz der Kühle hatte uns nachts der Durst geplagt. Jetzt sind unsere Trinkflaschen so gut wie leer. Noch zwei Apfelsinen und eine Handvoll Aprikosen, das ist wenig. Wir erinnern uns nur zu gut, wie schnell uns der Durst am Giant erlahmen ließ. Zwar lockt uns der nahe Gipfel sehr, aber wir wollen nicht leichtsinnig sein, denn Hilfe können wir im Notfall hier oben kaum erwarten. Deshalb erklären wir einfach unser gastliches Band zum Gipfel. Viel schöner kann die Aussicht dort oben auch nicht sein. Wir trinken die Flaschen leer und machen uns auf den Rückweg. Und richtig, als wir die letzten 50m zum Fuß des Berges abseilen, kleben unsere Zungen längst wieder am Gaumen und wie Verdürstende stürzen wir uns auf die hinterlegten Wasserflaschen.
Spitzkoppe   

Sossusvlei      Übernachtung: Campingplatz in Sesrim.
Sossusvlei ist ein temporärer See in der Namibwüste, der von 400m hohen Dünen umgeben ist. Für Namibia völlig unnormal ist, dass von Sesrim bis zum See eine 70km lange Asphaltstraße angelegt wurde. So kommt man ganz bequem quasi in das Herz der Wüste. Karin zeigte ungewohnte Energie und stieg auf die schönste Düne, während ich unten auf einer Schattenbank vor Hitze nach Luft jappste.
Düne überm Sossusvlei
Der Campingplatz in Sesrim hat eine Besonderheit. Alle Stellflächen sind mit einer brusthohen Mauer eingefaßt. Eines Nachmittags erkannten wir den Sinn dieser Mauer, denn urplötzlich fegte eine Windhose über den Platz, wirbelte den feinen Sand in die Höhe und mit dem Sand alle denkbaren Campingutensilien. Ich nehme an, die Besitzer haben ihre Sachen nie wieder gesehen. Die nachmittäglichen Windhosen sind hier eine verbreitete Erscheinung und man muss alles sturmsicher verstauen.
     Als wir eine Weile in der Wüste gewesen waren, sehnten wir uns unwiderstehlich nach Wasser. Von Sassusvlei ist es nicht weit zum Naukloof-Gebirge. Hier gibt es klares und kühles Gebirgswasser im Überfluss und hier kann man beim Wandern die Wüste ganz schnell vergessen.


Hanglip-Gebirge
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Übernachtung: Campingplatz in Mineral Bath.
Das Hanglip-Gebirge liegt etwa 80km nördlich von Pretoria. Es ist gekennzeichnet durch eigenwillig geformte Tafelberge. Besonders der Hanglip selbst als der namensgebende Berg stach uns ins Auge. Aber die Besteigung erwies sich als problematisch. Der Berg wird eingeschlossen durch zwei große Tierfarmen. Die eine hält Löwen, die andere Leoparden. Wir entschieden uns für die Leoparden. Der Farmer gab uns gute Ratschläge für den Umgang mit den Raubkatzen. Früh beim Aufstieg sahen wir nur ihre frischen Spuren. Aber als wir am späten Nachmittag in einer Schlucht absteigen wollten, erspähten wir weit unten am Schluchtbeginn eine Mutter mit vier kleinen Kätzchen. Wir konnten sie im Fernglas gut beobachten. Sie sahen harmlos aus, aber der Farmer hatte uns dringend geraten, ihnen nicht zu nahe zu kommen. Für den Abstieg kam aber nur diese Schlucht in Frage, denn links und rechts versperrten hohe Felswände den Weg. Gut zwei Stunden warteten wir, bis sich die Familie endlich bequemte, die Schlucht zu verlassen. Uns drängte jetzt die Zeit, denn der Tag neigte sich zum Ende, und vor uns lagen noch 10km bis zur Farm.
      Nordwestlich des Hanglip-Gebirges - in Richtung zum Ort Marken - soll es übrigens ein reizendes Klettergebiet geben. Uns fehlte leider die Zeit für einen Besuch. Man sieht, dass acht Wochen für Südafrika viel zu kurz sind.
Der Berg Hanglip    Spur des Leoparden    Westlich von Hanglip


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