Tasmanien 2008
Als ich 2003 mit Karin in Tasmanien war,
sahen wir auf der Halbinsel "Tasman Peninsula" viele beeindruckende Kletterfelsen.
Wir beide waren nicht gut genug, um auf diese Felsen hinaufzukommen, aber ihr Anblick
blieb fest in meiner Erinnerung und in mir wuchs der Wunsch, noch einmal
hierher zurückzukommen. Es vergingen aber vier lange Jahre, bis ich
endlich mit meinem Bruder Helmut und dem mit mir seit langem befreundeten Ehepaar
Wolfgang und Helga Matatko aus Pirna die geeigneten Reisegefährten fand.
Um den sportlichen Erfolg sicherzustellen, überredete ich auch
noch Colin Gale aus Sydney,
ebenfalls einige Tage nach Tasmanien zu kommen.
Wir brachen am 5.11.08 in Dresden auf, flogen
mit Qantas (etwa 1400 Euro) über Singapur, Sydney nach Hobart und mieteten dort
zwei Autos von Europcar (Hunday Getz 22Euro/Tag und Mazda300 25Euro/Tag). Damit
machten wir 3 Wochen lang eine Rundreise auf der Insel. Wir haben in dieser Zeit
mancherlei erlebt, aber wie gewohnt werde ich im folgenden Bericht
nur auf
klettersportliche Aktivitäten eingehen. Zunächst erst einmal zwei
Landkarten zur besseren Orientierung:
Lohndende Kletterziele sind über die gesamte Insel verteilt, aber als besonders
reizvoll empfanden wir diejenigen auf den Halbinseln Tasman und Freycinet. Sicher
deshalb, weil hier die Felstürme direkt am Meer stehen. Obwohl wir
auch im Landesinneren herumgereist sind, werde ich mich deshalb auf diese
beiden Halbinseln beschränken.
Cape Raoul
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Colin stieß erst am 9.11. zu uns. Deshalb hatten wir vorher noch einen Tag Zeit,
um das Cape Raoul aufzusuchen. Bisher hatte ich die schornsteinartigen
Felssäulen des Kaps nur aus großer Entfernung gesehen und war sehr gespannt auf
ihren Anblick aus der Nähe. Die Wanderung beginnt an einem kleinen Parkplatz. Bis zum
Kap läuft man etwa
3 Stunden. Zuerst geht es eine Stunde bergan durch den Wald, doch dann öffnet sich am
Rand der Steilküste ein grandioser Blick aufs Meer, hinüber nach Bruney Island
und zu den westlichen Abbrüchen des Cape Raoul. Der folgende Weg bis vor zum Kap ist
unvergesslich schön. Je mehr man sich dem Kap nähert, desto
beeindruckender werden die senkrechten Felsabbrüche unter einem. Dicht nebeneinander
ziehen sich -zig
schnurgerade Handrisse durch 150 Meter hohe Wände, jeder so schön
wie beispielsweise der Schildbürgerriss am Müllerstein.
Alle sind "noch zu haben", aber es
sind so viele, dass auch dem größten Rissfreund die Lust vergeht. Wo sollte er
hier beginnen?
Der Wanderweg endet
an einem Aussichtspunkt. Man sieht die
langgestreckte Felsscheibe des Kaps von ihrer Stirnseite her.
In dieser Perspektive sind die schornsteinartigen Felssäulen
nicht zu erkennen. Erst wenn man an der Abbruchkante etwa 300m nach links geht,
werden die Säulen sichtbar. Es ist ein großartiger Anblick. Man sieht aber auch,
dass man hier für das Klettern viel Zeit benötigt, denn um beispielsweise an den
Fuß der Pillars of Hercules zu kommen, muss man einen etwa 200m langen Quergang
ausführen, der bereits mit einigen schwierigen Passagen bestückt ist. Der eigentliche
Aufstieg auf die Felsen ist dann extrem schwierig. Wir begnügen uns mit einem
ausgiebigen Bestaunen dieser Felsszenerie. Um hier ordentlich zu klettern,
müßte man mit dem Zelt herkommen und übernachten.
Es gibt allerdings auch einige kleinere Felstürme, die einen leichten
Zugang haben und die man
mit relativ geringem Zeitaufwand besteigen könnte. Sie stehen in sehr
exponierter Lage und man hätte sicher auch an ihnen das Gefühl, unmittelbar über dem
Meer zu klettern. Ich habe ein Seil dabei, aber die Zeit ist zu knapp. Wir brauchen ja
noch 3 Stunden zurück bis zum Auto.
Aus der Tiefe dringt das Brüllen der
Seelöwen, die unterhalb der Pillars auf einer Felsrampe liegen. Es fällt uns schwer,
diesen beinahe mystischen Platz zu verlassen.
Mount Brown
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Colin wollte offenbar erst einmal testen, ob wir Rentner überhaupt
noch ordentlich klettern können. Deshalb gingen wir zum Mount Brown, durch dessen
Kletterwände auch einige leichtere Anstiege führen. Wir gaben uns Mühe
und kletterten
einige schöne Wege im Sektor "Parrot Shelf Cliffs".
Für mich selbst
allerdings endete der Tag mit einer kleinen Katastrophe. Beim Abstieg
vom "Dauntless Point", einem Nebengipfel des Mt. Brown, riskierte ich
einen Abschneider durch die Macchia. Das Gesträuch war extrem bösartig.
Es waren nur noch 20 Meter bis zum rettenden Wanderweg, aber ich kam
einfach nicht mehr weiter und auch nicht mehr zurück. Nur Colin mit seiner
Erfahrung als professioneller Firewatchman war in der Lage, mich zu befreien.
Dieses böse Erlebnis belehrte mich eindrücklich, warum mehr als die
Hälfte Tasmaniens
völlig unzugänglich ist. Im restlichen Urlaub habe ich nie wieder
Abstecher durch wegloses Gelände versucht.
The Moai
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Nach dem bestandenen Test am Mt.Brown war Colin
bereit, mit uns den Moai zu versuchen. Wir kannten diesen Felsen bereits von
Bildern her und wussten, dass uns einiges erwartet. Von unserem Zeltplatz in der
Fortescue Bay braucht man über 2 Stunden bis zum Moai. Zuletzt muss man sich von
der Steilküste abseilen zu einer großen Felsplattform, auf der The Moai wie ein
übergroßes Denkmal thront. Der Turm sieht beängstigend steil und glatt aus, aber
Colin, der ihn schon einmal bestiegen hatte, beruhigte uns. Und tatsächlich erwies
sich das Doloritgestein als sehr kletterfreundlich. Auch die scheinbar völlig glatten
Wandstufen haben kleine raue Griffleisten, an denen man sich recht gut festhalten kann.
Unser Weg heißt "Sacred Site" und ist mit der Schwierigkeit 17-18 (also VIIb-VIIc)
der leichteste Weg auf den Turm. Traumhaft schön, ein Weg für Genießer.
Nach dem Genuss erwartet uns aber noch eine kleine Zusatzprüfung. Man muss
nämlich über die Steilküste zu den Rucksäcken
zurücksteigen. Die Wandstufen sind
lt. Kletterführer immerhin
mit der Schwierigkeit 16 eingestuft, aber in unserer Moai-Hochstimmung
schafften wir auch dieses letzte Hindernis.
Freycinet Peninsula
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Da das Wetter am nächsten Tag ziemlich rau war, verschoben
wir den Candlestick auf später und fuhren nach
Norden zur Halbinsel Freycinet. Dort kletterten wir schöne
Wege am White Water Wall und an The Hazards. Besonders der
230 Meter lange "Japhlion" (Schwierigkeit 16 / VIIb) beeindruckte
uns sehr.
Candlestick
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Bei besserem Wetter fahren wir zur Tasman-Halbinsel zurück. Colins
Urlaub geht zu Ende, wir müssen heute unbedingt auf den Candlestick.
Wir stehen früh auf, denn für den Anmarsch vom Zeltplatz an der
Fortescue Bay benötigt man 2 Stunden. Schon beim ersten
Anstieg merke ich, dass mein linkes
Knie schmerzt, ein altes Leiden. Die anderen sind mir bald weit voraus.
Mit einer Stunde Verspätung trudle ich endlich am Candlestick ein. Die
anderen sind sauer, denn in meinem Rucksack steckt ein Teil des wichtigen
Materials. Das Wetter verschlechtert sich und wir sehen, wie die Strömung
unten im etwa 8 Meter breiten Kanal immer stärker wird.
Als Colin die Stelle erreicht, von
der man losschwimmen muss, schießen bereits 3 Meter hohe Wellen durch diesen
Schlund. Es wäre glatter Selbstmord, in das tobende Wasser zu gehen.
Niedergeschlagen steigen wir wieder hinauf aufs Massiv. Aus der Traum.
Das vornehmste Ziel unseres Urlaubs bleibt uns verwehrt.
( Übrigens: auf den
Totempole kämen wir heute leicht hinauf. Vorgängern war unlängst beim Bau der
Seilbahn für den Rückweg ein Fehler unterlaufen. Das verklemmte Seil
lädt ein, den wegen seiner extremen Schwierigkeit berüchtigten Turm
auf eine ganz pfiffige Art zu besteigen. Aber Colin ist zu stolz für
derartige Machenschaften. Bestimmt bangt er um seinen guten Ruf in
Sydneys Kletterszene. )
Da es zu regnen beginnt und Colin noch heute nach Hobart muss, gehen
die Freunde gemeinsam zum Zeltplatz zurück. Ich aber kann mich von den
Felsen am Cape Hauy nicht so schnell trennen. Sicher
werde ich diesen Ort nie wiedersehen. Geschützt vom Regenmantel
setze ich mich auf einen Stein am Rande des Abgrunds und lasse die magische
Szenerie mit ihrer unglaublichen Geräuschkulisse auf mich wirken.
Aber irgendwann wird es auch für mich Zeit aufzubrechen, denn bis
zum Zeltplatz ist es weit. Auf dem Heimweg
erlebe ich eine seltsame Geschichte mit leicht erotischem Touch.
Sie hat nur wenig mit Klettern zu tun, aber wenn sie Dich trotzdem
interessiert:
"245 Kamele"
Bootsfahrt zum Candlestick
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Am Tag nach unserer Niederlage am Candlestick machen wir für
50 Euro pro Person eine 3-stündige Bootsfahrt von Port Arthur um das Cape Pillar
herum am Candlestick vorbei zum Eaglehawk Neck. Die Fahrt
ist großartig
und die 50 Euro sind hervorragend angelegtes Geld.
Ich hatte längst eingesehen, dass ich mit meinem defekten Knie unmöglich
die Mehrtagestour bis zum Cape Pillar schaffen würde. Das Boot bringt
uns ganz bequem zu The Blade und The Chasm und zu den anderen großartigen
Felsformationen an der Südseite vom Cape Pillar. Die Kathedrale vor der
Spitze des Kaps ist 90 Meter hoch und sicherlich auf mehreren Wegen
gut besteigbar. Aber auf einer Luftaufnahme sah
ich, dass man wie beim Candlestick vorher durchs Wasser muss. Und ein weiteres
Problem besteht offenbar darin, vom 300 Meter
hohen Kap an den Fuß des Turmes hinunterzukommen - und am Ende natürlich
diese Abstürze auch wieder
hinauf. Oft wurde die Kathedrale bestimmt noch nicht bestiegen. Doch
selbst ohne diese Kathedrale verspricht die Expedition zum Cape Pillar
ein sagenhaft schönes Abenteuer - sofern man gut zu Fuß ist.
Als wir uns dem Candlestick nähern, trauen
wir unseren Augen kaumn. Der Wasser im Kanal ist spiegelglatt, heute
könnte man kinderleicht hindurchschwimmen. So ein Pech auch!
Auf Felsbänken in unmittelbarer Nähe vom Candelstick sehen wir Ohrenrobben,
bekanntlich die liebste Beute von Haien. Und der Bootsführer bestätigt auch,
dass er in dieser Drehe schon häufig - meistens
etwas später im Hochsommer - Haie beobachtet hat. Vielleicht
hatten wir also gar kein Pech, vielleicht hat uns eine gute Fee vor
dem Schlimmsten bewahrt?
Helmut und die beiden Matatkos besuchten übrigens nach Tasmanien
noch eine reichliche Woche lang das Rote Zentrum Australiens.
Eigentlich wollten sie sich dort nach den kühlen
Tagen in Tasmanien etwas aufwärmen,
aber auch in der sonst so trockenen Wüste regnete es einige Tage
und viele der Gravelroads ins Outback
waren infolge
der Wasserschäden gesperrt.
Doch sie erlebten auch viele schöne Dinge, zum Beispiel den
Gang auf den Ayers Rock. Helmut hat über diesen
zweiten Teil der Reise in
www.h-bardoux.de/austral_ber
berichtet. Wolfgang gelang irgendwo bei Alice Springs eine
köstliche Tieraufnahme, die ich gern als Abschluss meines
Berichts zeigen möchte.
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