Australien 2001


     Vom 2.10. - 28.11.2001 machte ich zusammen mit meiner Frau eine Rundreise durch den Südosten Australiens. Auf dem längsten Teil der Reise begleiteten uns Ute und Helmut Richter sowie Karin und Wolfgang Grübner, ebenfalls Mitglieder unseres Klettervereins KVL 51. Nur für etwa 14 Tage trennten wir uns. In dieser Zeit fuhren die 4 zum Ayers Rock im Zentrum Australiens und erlebten dort den seit Jahrzehnten kühlsten Oktober. Hätten wir Hitzeempfindlichen das geahnt, wären wir selbstverständlich mit ihnen gefahren.
Wir flogen von Frankfurt mit Korean Airline über Seoul nach Sydney. Flugpreis ca. 1900 DM, Komfort mäßig (auf allen 4 Teilflügen dasselbe dürftige Speisenangebot; eigenartiges Verbot, die Rollos der Fenster zu öffnen; ...), aber: wir erhielten für unsere Kletterausrüstung ein Freigepäck von 30 kg zugestanden. Am Flughafen von Sydney übernahmen wir von AVIS die Mietautos (Toyota (128 PS), 54DM / Tag). Die Autos waren in bestem Zustand. Einzige negative Erinnerung: irgendwann waren wir bei Brisbane unbemerkt von hinten geblitzt worden, statt der erlaubten 100 km/h mit 120 km/h. Wir erhielten später in Deutschland die Aufforderung, 135 A$ (etwa 150 DM) Strafgeld zu bezahlen - und merkten, wie kompliziert es ist, diese Forderung zu erfüllen. Nach einigen Fehlversuchen fanden wir als besten Weg: an die Behörde per Post Nummer und Verfallsdatum der Kreditkarte sowie Leitzahl der ausstellenden Bank schicken, dann können sie das Strafgeld abbuchen. Angedroht war, bei Nichtzahlung würde der 5-fache Betrag über den Autovermieter eingezogen!
Wir hatten leichte Zelte, Luftmatratzen und Schlafsäcke dabei und schliefen auf ca. 30 verschiedenen Zeltplätzen. Die Ausstattung der Plätze war solide und es gab zu dieser Jahreszeit nie Probleme, unterzukommen. Der Preis für die "Campsite" lag im Bereich von 6 bis 15 A$. In Sydney schliefen wir am Beginn und am Ende der Rundreise auf dem Zeltplatz in Rockdale. Der Zeltplatz liegt nur etwa 15 min südlich des Flughafens, was die erste Fühlungsnahme mit dem gemieteten Auto im Linksverkehr sehr erleichterte. Um sicher zu gehen, hatten wir uns auf diesem Platz vorher angemeldet (Tel. 0061 2 95677161). Von Rockdale aus erreicht man Sydneys City leicht mit der S-Bahn.
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass die Rundreise angefüllt war mit vielen starken und schönen Eindrücken. Insbesondere die verschiedenen Landschaften, ob Küsten oder tropische Regenwälder, Halbwüsten oder Felsengebirge, sie alle begeisterten uns mit ihrer Fremdartigkeit und Vielfalt. Und zu meiner größten Überraschung musste selbst ich als ausgesprochener "Stadtmuffel" feststellen, dass die Stadt Sydney zu einem faszinierenden Höhepunkt der gesamten Reise wurde.
Wir haben im Verlauf der Reise auch 10 Klettergebiete aufgesucht. Vor der Reise wurden wir manchmal gefragt, warum wir unsere Zeit in Australien mit Klettereien vergeuden wollen, es gäbe doch dort so viel Interessanteres zu sehen und zu erleben. Gut, dass wir nicht auf sie gehört haben. Die Klettertage brachten uns unvergessliche Erlebnisse. Natürlich ähneln die australischen Kletterfelsen denen in der Sächsischen Schweiz, sie sind auch meistens nicht viel höher. Aber sie stehen im tropischen Regenwald und man hört seltsame Vogelstimmen unter sich. Oder man klettert direkt über dem Meer und sieht unten eine Herde Delphine spielen. Oder ringsum ist Wüste und die Zunge klebt am Gaumen. Und - wie schon oft - bewirkte die Langsamkeit des Kletterns, dass sich die Landschaften besonders tief in uns einprägten. Das ist kein Vergeuden von Zeit. Ich glaube, besser kann man sie überhaupt nicht nutzen.
Im folgenden möchte ich auf einige unserer bergsportlichen Aktivitäten näher eingehen. In der Reiseskizze sind die Klettergebiete durch Dreiecke gekennzeichnet.

Reiseskizze   


Blue Mountains
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Die Blue Mountains stellen ein über 2000qkm großes Hochplateau von etwa 1000m Höhe dar. In das Plateau sind tiefe Täler eingekerbt. Die bis zu 300m hohen senkrechten Sandsteinwände über diesen Tälern stellen lohnende Kletterobjekte dar. Die Blue Mountains sind die Hausberge der 3 Millionen-Stadt Sydney, nicht viel weiter entfernt als die Sächsische Schweiz von Dresden. An schönen Wochenenden ist deshalb lebhafter Betrieb an den Kletterwänden.
Colin Gale aus Sydney, den wir bei gemeinsamen Klettertouren in der Sächsischen Schweiz kennengelernt hatten, führte uns an einem solchen Wochenende in das Blue Mountains-Klettern ein. Nach einer Stipvisite am Aushängeschild der Blue Mountains, den Three Sisters bei Katoomba (sie dürfen leider seit einiger Zeit nicht mehr bestiegen werden - offenbar gibt es auch hier übertreibende Umweltschützer wie in Deutschland) führte er uns zu einem kostenfreien Zeltplatz für Bergsteiger auf dem Mt. York nahe der Ortschaft Mt. Victoria. Man schläft schön und luftig auf einem Felsenriff, allerdings muss man sich Wasser selbst mitbringen.
An den folgenden beiden Tagen kletterten wir am Mt. Piddington und am Mt. Boyce. Die Kletterwände an diesen Bergen sind etwa 60m hoch. Nachdem wir schnell Zutrauen zum festen, griffigen Sandstein gewonnen hatten, kletterten wir genussvoll einige Wege bis zum Schwierigkeitsgrad 14 (sächsisch etwa VIIa), zum Beispiel "Abakadabra" und "Hokuspokus" am Mt. Piddington sowie "Magic Buttress" und "Icarus" am Mt. Boyce. Wir stellten eine verblüffende Ähnlichkeit der Blue Mountains zur Sächsischen Schweiz fest, allerdings sind sie viel wilder und urtümlicher und über den riesigen Eukalyptuswäldern schwebt ständig ein würziger Duft.
Colin zeigte uns, wie man zur Hakensicherung "plates" benutzt.
( In Australien wird Kletterausrüstung i.a. von Übersee importiert und ist kostspielig. Deshalb werden anstelle der üblichen Haken oft nur Maschinenschrauben im Fels verankert. Zum Sichern benötigt man dann die "plates". Das sind kleine, abgewinkelte Stahlplatten mit einem Spalt, der in einer Erweiterung endet. Diese Erweiterung erlaubt es, die Platte über den sechskantigen Schraubenkopf zu führen. Hängt man danach den Karabiner in die Erweiterung, kann sich die Platte nicht mehr von der Schraube lösen. Uns kommt diese wacklige Konstruktion ziemlich verdächtig vor, aber Colin versichert uns, dass ihm kein Fall bekannt sei, in dem diese Art der Sicherung versagt hätte. Übrigens kosten die simplen "plates" in den Sportgeschäften immerhin 5 A$. )

Three Sisters    Icarus, Mt. Boyce    Grose Valley


Warrumbungles
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Die Warrumbungles liegen etwa 300 km nordwestlich von Sydney. Das Gebirge zeichnet sich durch eine Reihe mächtiger Basaltkegel aus, von denen einige stark an den Devil's Tower in Nordamerika erinnern. Die Besteigung des Belougery Spire war für Karin und mich das stärkste Erlebnis in Australien. Wir waren ganz einsam im Gebirge und sahen den ganzen Tag keinen anderen Menschen in dieser fantastischen Landschaft. Auf dem Zeltplatz am Rand des Waldes leistete uns wenigstens eine große Herde Känguruhs Gesellschaft. Sie grasten auch nachts ganz nahe an unserem Zelt, und wir hatten Bedenken, die großen Tiere könnten sich in den Leinen verfitzen.

Warrumbungles    Belougery Spire    Breadknife


Moonarie
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Moonarie werten viele australischen Kletterer als das schönste ihrer Klettergebiete. Es liegt in den Flinders Ranges nördlich von Adelaide. Ein Kranz fast 2000m hoher Berge schließt hier eine riesige Pfanne ein, den berühmten "Wilpena Pound". Am südlichen Außenrand dieser Pfanne befinden sich die roten Sandsteinwände von Moonarie. Sie sind bis zu 150m hoch und es gibt wunderschöne Kletterwege in allen Schwierigkeitsgraden. Vom Parkplatz aus muss man bis zum Fuß der Wände etwas mühsam einen steilen Hang hinauf, doch dabei wird der Blick über das Vorland immer freier und schöner. Wir kletterten den Weg "Scut" (etwa V), einen kombinierten Weg, der Rissfreunde weit oben mit einem Bilderbuch-Handriss entzückt.
Am Fuß der Kletterwände ist ein kleiner Übernachtungsplatz eingerichtet, der bei mehrtägigem Aufenthalt den wiederholten Aufstieg vom Parkplatz erspart. Wie von einem Adlerhorst sieht man von hier ins weite Land hinaus - sicher auch ein Grund dafür, dass Moonarie so beliebt ist. Klares Wasser wird in der Schlucht darüber in einem großen Behälter gesammelt. Ein paradiesischer Fleck!

Moonarie    Great Wall   


Mt. Arapiles
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Die "Araps" sind das bevorzugte Klettergebiet der Melbourner Kletterer. An den Wochenenden ist das große Zeltplatz-Gelände direkt unter den Sandsteinwänden des Mount Arapiles dicht gefüllt. Es herrscht ein freundlich-kollegiales Klima zwischen den Kletterern, was auch nötig ist, denn die sanitären Einrichtungen sind knapp und einfach.
Die gelben und orangefarbenen Felsen sind fest und kletterfreundlich. Für uns besonders reizvoll: es gibt hier auch eine Reihe freistehender Türme, z.B. den "Pharos" mit seiner über 100m hohen Talseite und die Riesenkugel "Bluff Major". Man findet lohnende Wege in allen Schwierigkeitsgraden - selbst im Bereich III bis IV gibt es Wege von weit über 100m Länge, und das in beeindruckend steilem Gelände. Wir kletterten z.B. Tiptoe Ridge III und Beau Geste IV im nördlichen Abschnitt der Wände und waren hellauf begeistert.

The Bard    Mitre   


Grampians
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Die Grampians liegen auf dem Weg von Melbourne zum Mt. Arapiles. Man kann im weitläufigen Gebirge prächtig wandern. Fürs Übernachten gibt es einige urige Zeltplätze, z.B. am Mt.Rosea und am Mt.Stapylton. Die Kletterobjekte sind fast ausschließlich Massivwände, deren Fuß nur mühsam zu erreichen ist.
Doch am Mt.Stapylton kommt man auch mit normalen Autos nahe an die Kletterwände heran. Wir kletterten am "Grey Wall" eine Wand namens "The Crank" (etwa V und über 100m lang). Die Kletterei war genussvoll, aber weit mehr wird uns der Abstieg in Erinnerung bleiben, der durch enorm wildes Felsgelände führte.
In den Gebieten "Green Wall" und "Grey Wall" gibt es eine ganze Reihe prächtiger Wege für den Normalverbraucher, der Sandstein ist hier angenehm griffig. Dagegen ist der rechts anschließende orangefarbene "Taipan Wall" glatt und stark überhängend. Seine Wege sind wohl den Könnern vorbehalten.
Auch am Mt.Difficult sahen wir beeindruckende Felswände, doch leider vertrieb uns hier ein kalter Regen.
Mt. Stapylton   


Zu einigen weiteren Gebieten
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Mit jeweils einem Bild soll zu 5 weiteren Klettergebieten wenigstens ein kleiner Eindruck vermittelt werden.
Bald Rock
Der Bald Rock liegt bei der Stadt Tenderfield etwa 150km südwestlich von Brisbane als ein imponierender Monolith aus kompaktem Granit. Es ist ein eigenartiges Gefühl, über seine riesigen glatten Steinflächen hinaufzulaufen. Sicher könnte man theoretisch an den steileren Wandpartien auch richtig klettern, aber wir sahen keine bereits eingerichteten Wege. Im etwa 30km westlich liegenden Nationalpark Giraween gibt es zwei ähnliche 'Granitbrote' und auch freistehende Türme, an denen scharf geklettert wird.
Bald Rock

Brisbane
Brisbanes Kletterer haben es gut. Am malerischen Ufer des Brisbane River, direkt gegenüber der City mit ihren Wolkenkratzern, gibt es eine Felswand, etwa 30m hoch und 500m lang. An ...zig Wegen aller Schwierigkeitsgrade wird geübt, nicht nur am Tage, sondern dank der installierten Scheinwerfer bis spät in die Nacht. Wem es beim Klettern heiß wird, erfrischt sich im direkt daneben gelegenen kostenfreien Strandbad. Welche andere Stadt kann ihren Kletterern so etwas bieten ?
Brisbane

Castle Hill
Townsville übertrifft Brisbane ! Nicht eine simple Übungswand, ein richtiger Kletterberg erhebt sich direkt über der Stadt. Am kompakten roten Granit des Castle Hill gibt es Wege von 200m Länge, und nach dem Klettern lockt unten ein 2 km langer gepflegter Strand zum erfrischenden Bad. Da Townsville in den Tropen liegt (wir erlebten 40 Grad im Schatten), ist letzteres besonders wichtig.
Castle Hill

Wilsons Promontory NP
Der Nationalpark liegt auf einer Halbinsel südöstlich von Melbourne. Hohe Berge erheben sich direkt aus dem Meer und an ihren Flanken bieten glatte Granitwände lange Reibungsklettereien. In den Meeresbuchten liegen große runde Blöcke, an denen man - so man etwas für diese Kletterart übrig hat - prächtig bouldern kann. Teils direkt über dem Wasser, so dass ein erzwungener Abgang schmerzfrei endet.
Das Klettern an Blöcken wird an Australiens Küste auch andernorts betrieben. Besondes reizvoll fanden wir die Blöcke in der Horseshoe Bay auf Magnetic Island bei Townsville. Hier stehen die Felsen in unmittelbarer Nachbarschaft zum fantastischen Badestrand aus reinstem Korallensand. Auch in den vielen Buchten direkt vor Sydney gibt es Cliffs zum Klettern und das Wasser ist hier trotz der Nähe der Millionenstadt unglaublich sauber.
Das wohl eindrucksvollste Küsten-Klettergebiet befindet sich etwa 200 km südlich von Sydney am Point Perpendicular. Hier sind die senkrechten Wände der Steilküste über 100m hoch. Leider beansprucht das Militär zeitweise dieses Gebiet für sich, und auch wir mussten umkehren. Kleiner Trost: bei Windstärke 9 war Klettern ohnehin ausgeschlossen.
Bouldern

Mount Buffalo
Der Mount Buffalo ist ein Gebirgsstock zwischen Melbourne und Canberra. Seine Hochfläche wird von einigen mächtigen Granitfelsen wie "Horn", "Hump" und "Cathedral" überragt, auf die lohnende Kletterwege führen. Auf der Hochfläche befindet sich ein Zeltplatz, malerisch an einem See unter lichten Eukalyptusbäumen gelegen. In der Nähe des Zeltplatzes zieht eine Schlucht ins Tal hinunter. Durch die über 300m hohen Wände der Schlucht führen die bedeutendsten Kletterwege des Mt. Buffalo - allerdings nur für Spitzenkräfte.
Wir begnügten uns mit dem leichten, doch schönen Weg "Long Cracks" IV auf Cathedral.
Mt. Buffalo


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Irgendwann zu Hause hatten wir uns vorgenommen, auch nach Tasmanien überzusetzen, um die rauhen Gebirge und den sagenhaften "Totem Pole" an der Ostküste zu besuchen. Doch Australien ist groß und selbst 8 Wochen sind eine beschränkte Zeit. Macht nichts, wir müssen ja ohnehin nochmal nach Australien, um den Norden und Westen anzusehen. Dort wird es heiß sein und Tasmanien soll uns am Ende die nötige Abkühlung liefern - falls die Zeit reicht.

Literatur :

Zu allen Klettergebieten gibt es spezielle Kletterführer, je nach Bedeutung dünne Broschüren oder richtige Bücher im Heinicke-Format. Für das nur antippende Kennenlernen der einzelnen Gebiete reicht eigentlich der kontinentübergreifende Führer
  "OZ Rock: Rock Climber's Guide to Australien Crags".
Dieser Führer liefert auf 224 Seiten komprimierte Informationen zu jedem Klettergebiet Australiens. Das Buch kann z. B. für 52,80 DM im Internet über
  www.greulmountain-books.de
bezogen werden.

Eine mehr visuelle Einstimmung in das australische Klettern erhält man durch den Bildband
    Simon Carter: "Rock Climbing in Australia"
    (ISBN 1 86436 340 1).
In großformatigen Bildern werden die Kletterer vorwiegend an solchen Wegen gezeigt, die den Normalverbraucher das Gruseln lehren. Vor allem die Frauen sind in sagenhaften Positionen dargestellt. Zum Glück relativiert sich vor Ort alles ein bisschen - in Australien gibt es auch normale Kletterer. Und hilfsbereit sind sie alle. Falls obiger Kontinentführer wirklich mal zu grob sein sollte, liefern sie gern die fehlenden Informationen.


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