Klettern in der Sierra de Aitana

     Die meisten Klettergebiete in Spanien sind auf das Sportklettern ausgerichtet - nicht der Gipfel sondern der Kletterweg steht im Vordergrund. Bei vielen Sachsen hinterlassen aber die Massivklettereien sebst in so berühmten Gebieten wie Siurana oder Montanejos ein Gefühl des Unvollständigen, ihnen fehlt einfach am Ende der Gipfel. Doch zum Glück gibt es im Land der tausend Gebirge auch genügend lohnende Klettergipfel. Manchmal sind sie in deutschsprachigen Kletterführern beschrieben (z.B. SUNROCK von Ralph Stöhr und Volker Leuchsner), meistens aber muss man sich erst in nahegelegenen Berghütten usw. die notwendigen Informationen beschaffen. Im Frühling dieses Jahres stießen wir zufällig im Hinterland der Costa Blanca auf ein gipfeliges Klettergebiet, das uns sehr gut gefiel und das wir im folgenden kurz vorstellen möchten.
     Das Gebiet befindet sich am östlichen Ende der Sierra de Aitana, nicht mehr als 15 km von der Mittelmeerküste bei Altea entfernt. Man kann bequem mit dem Auto bis an den Fuß der Felsen fahren. Die Kletterwege am gesunden Kalkstein sind bis zu 300 m lang. Es gibt leichte Anstiege - meistens in den kürzeren Bergseiten der Türme - aber auch einige extrem schwierige. Zur Sicherung dienen neben den vorhandenen Bohrhaken Keile und Friends. Die Erschließung des Gebietes ist im Gange, bis jetzt gibt es weder einen deutschen noch einen spanischen Kletterführer. Informationen zu den bisher eingerichteten Kletterwegen erhält man vom Besitzer der Berghütte "Torre de Arriba", dem Deutschen Fritz v. Philipp. Fritz kennt sich hier bestens aus und hat eine ganze Reihe lohnender Wege selbst erschlossen.
     Die Talseiten der Türme zeigen nach Nordosten, so dass man an ihnen auch an heißen Tagen gut klettern kann. Trotzdem sind sicher Frühling und Herbst dem Sommer vorzuziehen. Die Zufahrt zur Berghütte "Torre de Arriba" erfolgt vom Städtchen Polop aus (ca. 8 km westlich von Altea). Man fährt Richtung Benimantell bis kurz hinter den Kilometerstein km 7, dann links spitzwinklig zurück etwa 2 km auf einem guten Fahrweg direkt zur Hütte. Man kann in der Hütte übernachten - mit allem Komfort, aber nicht ganz billig. Näheres ist zu erfahren von Fritz und Vanessa v. Philipp über Tel. 0034 965972600.
      Wir selbst schliefen auf einem allerliebsten, ruhigen Zeltplatz östlich über dem Ort Fonts de l’Algar für umgerechnet 7 DM je Person und Nacht, unter blühenden Orangenbäumen und mit prächtiger Aussicht hinüber zum mächtigen Kletterberg Ponoch und zu den Felsen über der Hütte "Torre de Arriba". Vom Zeltplatz aus ist die Hütte in etwa einer halben Stunde mit dem Auto zu erreichen. Übrigens, im April bis Anfang Mai reift im Tal von Fonts de l’Algar in großen Plantagen die Mispel. Diese Frucht ist außerordentlich wohlschmeckend und wird deshalb von den Einheimischen als "Königin des Frühlings" bezeichnet. Wir wurden in diesen Tagen zu Mispel-Fans und blieben viel länger im Tal als ursprünglich geplant.
     Außer den Türmen über der "Torre de Arriba"-Hütte gibt es in der näheren Umgebung noch andere Klettergipfel, die schon seit langem erschlossen sind und auch in Kletterführern beschieben werden. Der bedeutendste ist sicher der Glockenturm "Puig Campana" bei Finistrat, etwa 15 km südlich von Fonts de l’Algar. Durch seine 350 m hohe Südwand führen einige prächtige Anstiege ab Schwierigkeit 4+. Wir waren begeistert von der schönen Kletterei im festen Kalk und vom weiten Blick hinaus aufs Mittelmeer. Ein anderer imponierender Felsklotz ist der Penjon de Ifach bei Calp. Seine 320 m hohen Steilwände erheben sich direkt aus dem Meer. Viele Kletterwege führen hinauf und erstaunlicherweise sogar ein kühn angelegter Wanderweg. Wir fanden den Gipfel besetzt durch viele Möwen, die hier ihre hühnereigroßen grünen Eier ausbrüteten. Der ganze Fels war von ihrem schlimm nach Fisch riechenden Kot überzogen, so dass wir uns diesmal die sächsische Gipfelrast verkneifen mussten.
     Wer nicht mit eigenem Auto anreisen will - es sind von Sachsen mehr als 2000km - kann mit dem Flugzeug nach Valencia oder Alicante fliegen und auf dem Flughafen ein kleines Auto für etwa 40DM je Tag mieten. Eine weitere Alternative wäre eine preisgünstige Pauschalreise z.B. in die Retortenstadt Benidorm. Hier bekommt man den Mietwagen bereits für 30DM und braucht sich um Unterkunft und Verpflegung nicht zu sorgen. Aber man schläft dann auch nicht unter blühenden Orangenbäumen.

(Dieser Bericht wurde im Mitteilungsblatt 2/2001 des Sächsischen Bergsteigerbunds veröffentlicht.)


Bilder zum Vergrößern:

Mispeln   Aitana-Felsen   Sierra Aitana   Puig Campana  


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